Samstag, 20. September 2014



Richte dich auf

Wenn alles reißt
Und die Hoffnung am Boden wimmert
Und die Sterne künden nur Entferntes
Dann richte dich auf
Trotz allem
Und schaue in die Welt
Du … bist es
Der die Türen öffnet
Du … bist es
Der da lächelt am Wegesrand



Suse aus Almanien

Sie hieß Suse und kaum aus Almanien. Das war ein Land einer anderen Welt, das kaum jemand hierzulande kannte. Sie hatte einen Propeller und auch einen Sender und konnte sich sogar mit geschlossenen Augen fortbewegen. Ihre Gestalt schien etwas plump und eigentlich bestand sie fast nur aus einem Kopf mit zwei Beinen dran, dachte ich. Doch konnte sie ihre Gestalt verändern und nie wusste ich genau, wie sie nun eigentlich aussah.
Ich kannte sie schon lange, mindestens aber zehn Jahre. Manchmal besuchte sie mich und wir pflegten eine enge Freundschaft. Der Weg aus Almanien war weit, aber ihre Propeller sehr stark. Und mit dem Sender fand sie mich, egal, wo ich mich auch aufhielt. Das war sehr tröstlich für mich, denn wenn es mir schlecht ging, brauchte ich sie manchmal ganz besonders dringend. Dann simste ich sie an, egal zu welcher Tages- oder Jahreszeit. 
Was aber, liebe Freunde, verband uns beide eigentlich? Warum hatte ich eine Freundin aus Almanien, einer den meisten Menschen sehr fremden Welt? Das ist eine lange Geschichte und ich will sie euch hier erzählen:
Eines fernen Tages, ich war noch beträchtlich viel jünger und meine Haare auch noch nicht so grau, liefen mir vor Kummer dicke runde Tränen die Wangen hinunter und ich vergrub mich in meinem Kummer und steckte den Kopf in den Sand. Plötzlich, es war wie ein leises Summen in meinem Kopf, schwebte da was sehr Kleines und sehr Ungewöhnliches heran. Ich dachte:
„Jetzt pass auf, du hast schon überirdische Erscheinungen! Das geht hier nicht mit rechten Dingen zu!“
Richtig, Freunde, Suse war ein überirdisches Wesen und hatte Mitleid mit mir. Sie kam, um mir zu helfen und aus aller Tristesse, die mich umgab, wieder herauszuhelfen. Ja, wie dies? Ganz einfach, sie beamte mich da wieder aus dem Loch heraus und gab mir frische Kraft. Ich fühlte mich dann auf einmal wie neugeboren und konnte doch nicht sagen, wie dies geschah. Ganz leicht wurde mir und meine Gedanken flogen freie Bahnen und meine Seele weitere sich aus. 
Nun fragt ihr sicher, ob es so eine Suse auch für euch geben könnte und wie man sie kennen lernt. Im Katalog kann man sie jedenfalls nicht bestellen, im Supermarkt nicht kaufen und bei Ebay nicht ersteigern. Dazu braucht man den Zufall. Und wie ihr wisst, kann man den Zufall auch nicht herbeizwingen. Das klappt einfach überhaupt nicht. Wie denn? Loslassen ist das Rezept. Ein wenig Elend kann auch nicht schaden. Und sich von Gold und Geschmeide nicht verleiten lassen, auch. Man braucht eine gewisse Stille um sich herum und muss flexibel sein. Dann, vielleicht, kann es schon mal passieren, dass so eine Suse aus Almanien eure Wünsche vernimmt und sich mit Hilfe ihres Propellers und Senders auf den Weg zu euch macht. Wundert euch also nicht.



Goldene Hände

Illusionen zerfließen wie flüssiges Gold
Das mir durch die Hände rinnt
Und so wie es mir zerfließt
Werde ich verwandelt
Und was bleibt
Ist eine dünne goldene Schicht
Die meine Hände überzieht


Alwine

Alwine war ein wenig fischig. Peinlich, aber wahr. Aus ihrem langen Mantel, den sie stets sorgsam überzog, sah man immer ihre Gräten heraushängen. Die Flossen hingen auch schlapp herunter.
Doch ansich ist das ein wenig fischige Dasein ja etwas sehr Schönes, nicht wahr? Dieses im frischen Wasser schwimmen können, sofern es denn auch frisch ist. Dieses sich wie ein Fisch fühlen … eben. So mal mit dem Strom und auch mal gegen den Strom. So dies zwischendurch mal Luft schnappen und dann wieder ab die Strömung rauf und runter.
Doch Alwine bewegte sich dann doch auch manchmal an Land. Ja, wirklich, sie konnte das. Das ist kein Märchen. Allerdings war da ihr Gang leicht unbeholfen. Doch Hauptsache, sie kam voran. Und auf Land trug sie dann eben auch immer diesen ziemlich großen Mantel, setzte sich schon auch mal ne Perücke auf und ging inkognito.
Doch in letzter Zeit war sie bis auf die Gräten abgemagert. Leider, muss man sagen. Sieht ja nicht so schön aus, wenn die Gräten einem aus dem Mantel hängen. Wieso dies passieren konnte, wollt ihr wissen? Naja, Sorgen hat ja jeder, also auch Alwine. Doch war sie vielleicht besonders anfällig für so ungünstige Schwingungsenergien im Wasser.
Jedenfalls fragte ich all meine Freunde, ob sie Alwine nicht einmal ein wenig unter ihre Fittiche nehmen könnten. Sie tat mir nämlich Leid. Wirklich, das war nicht mehr schön anzusehen. Und nun bleibt nichts anderes mehr als abzuwarten, ob die Freunde sich auch regen würden. Solange würde Alwine einfach ihren Mantel ein wenig enger schnallen!



Karl, der Brecher

Er hieß Karl Kersten und war ein Brecher. So, wie es im Buche steht. Ein wenig plump von Gestalt, klein und mit wenig Haar auf dem Kopf, aber durchaus einigem Gewölk darinnen. Er war bekannt in der gesamten Gemeinde dafür, alles zu bekommen, was er wollte. Warum dies? Nun, Karl, brach durch Wände. Er nahm Anlauf und schnaubte, wie nur Stiere es tun. Um ihn herum eine Staubwolke, die seine Umgebung in Nebel hüllte. Ich hörte Kieselsteine fliegen.
„Nein, das schafft der nie! D i e Wand ist zu stark!“
Nun, ich hatte mich getäuscht. Schon flogen die ersten Fetzen, Metall berstete und ich befürchtete das Schlimmste.
„Das kann niemand unbeschadet überstehen“, dachte ich. „Und wieso überhaupt tut er dies?“
Dazu muss man wissen, dass diese Mauer keine einfache war, wie du sie findest als Kirchhofsmauer oder um deinen Hof herum. Nein, diese Mauer war die seines Kerkers und trennte ihn von der Freiheit. Karl saß ein, wie man so schön sagte und die Leute munkelten, er säße schon recht lange und das sei ein Dilemma, ein Unrecht sei ihm geschehen. Ich sah dem Treiben von weitem zu und staunte. Wie konnte so ein Kerl so eine Mauer durchbrechen? Nun, dazu muss ich eine kleine Geschichte erzählen: 
Tagein, tagaus saß Karl an seinem kleinen Fenster hinter Gittern und beobachtete die Möwen, die da segelten am Himmel und zogen ihre Bahnen hoch über ihm. Sehnte sich nach Freiheit gleich der, die dort oben w e i t über allem Elend zu Hause und frisch wie eine Prise Meeresluft war. Und weil er immer nur dieses eine Schauspiel aus der Zelle seines engen Kerkers beobachten konnte, wurde das Sehnen so groß, dass übermächtige Kräfte ihn bemannten und er starken Willens wurde, so frei wie die Möwen am Firmament zu werden. 
Ja, so war das damals mit Karl und wer ihn nicht kannte, hätte es nicht geglaubt. Aber der Wille zur Freiheit ist eben doch so groß, dass einem überirdische Kräfte wachsen können als Rüstzeug, das man braucht, um sich zu befreien. 
Ach, im Übrigen, Karl verletzte sich nicht.
 



Flügel umschnallen

Links herum, rechts herum
Und dann im Sauseschritt
Sie wirbelte viel Staub auf
Und kam doch nie vom Fleck
Einfach wieder umschnallen, die Flügel
Und ein wenig wedeln
Nein, noch nicht abheben
Ja, nur ein wenig wedeln
Um zu fühlen
Wie es ist
Das FLIEGEN
Davon



Wind

Wenn die Winde wehn über die Äcker, dann scharen die Menschen sich zusammen und wärmen sich am heißen Ofen, trinken einen Tee und reden:
"Wieso ist es so windig?"
"Dieser miese Wind, könnte es nicht mal wieder windstill sein!"
"Ich kann nicht atmen bei diesem Wind!"
Doch der Wind selbst hat seine Freude am Wehen. Er saust mit Bravour über die Felder und lacht sich ins Fäustchen ob der kleinlichen Stimmungen der Menschen.
Höre einfach auf, den Göttern zu zürnen, denn sie tun ohnehin, was ihnen gefällt.


Der Traum vom Vater

Karma Sang, Tochter des Genpo, stieg auf ihren Maulesel, der vor der Hütte gemächlich in der Sonne auf sie wartete und folgte dem schmalen Pfad durch den Wald. Der Weg war beschwerlich, die Regenzeit, eben zu Ende gegangen, hatte alles aufgeweicht. Am Wegesrand sah sie ihre Nachbarn, die dort auf den Feldern arbeiteten und ihr zuwinkten. Doch heute wollte sie nicht aufs Feld, sondern in den nächsten kleinen Ort, um ihren Vetter zu besuchen und um Rat zu bitten, denn es war etwas passiert im Leben von Karma Sang. Karma Sang hatte geträumt von ihrem Vater, der schon vor etlichen Jahren verstorben war. Ihm im Traum zu begegnen, hatte sie sehr nachdenklich gemacht und auch ein wenig traurig. Und so wanderte sie über aufgeweichte Wege und bedachte das, was ihr Vater ihr mitgeteilt hatte.
"Karma Sang, ich mache mir Sorgen um dich! So geht es nicht weiter mit dir!"
"Aber, Vater, was meinst du? Ich weiß nichts anzufangen mit deiner Sorge!"
"Karma Sang, meine teure und kostbare Tochter, Erstgeborene und enge Vertraute deiner Mutter, geliebte Anvertraute von mir seit langen Zeiten, ich mache mir Sorgen, weil ich sehe, dass du zu gutgläubig geworden bist. Sicher, meine Tochter, es ist ein ehrbares Ziel, das Gute in jedem Menschen und ihren Absichten zu sehen, selbstlos zu handeln und dein Hab und Gut zu verschenken an die, denen es mangelt an diesem und jenem. Aber, Karma Sang, meinst du, ich sehe nicht, dass deine eigenen Vorräte fast verbraucht sind? Meinst du, ich weiß nicht, was Du EIGENTLICH brauchst? Du bist eine fleißige und mutige Frau mit vielen Talenten vom Allerheiligsten persönlich verliehen, aber was dir fehlt, Auge meines Lebens, ist ein Mann, der dir zur Seite steht. Es schmerzt mich zu sehen, dass du Tagein, Tagaus nicht weißt, was der nächste Tag dir bringen wird. Dass deine Freunde dir fern und dein Haus leer. Mehr Freude, Tochter, wünsche ich dir und ein gastfreundliches Haus, frohes Singen und gemeinsames Sitzen um den großen Herd mit einer Mahlzeit, die Körper und Seele gleichzeitig nährt, Gespräche und Kinderlachen, das ist es, was Du bräuchtest. In aller Bescheidenheit, Karma Sang, Erstgeborene und Tochter meiner ewig Geliebten, so geht das nicht weiter mit dir!“
"Aber, Vater, wie sollte mir das gelingen? Ich weiß wohl, was mir fehlte, doch sag, welches sind die Schritte, die ich zu gehen hätte. Wüsste ich die, so wäre mein Leben schon längst ein anderes!"
"Karma Sang, es ist doch ganz einfach! Öffne dein verschlossenes Herz! Was kann dir denn passieren? Warum hast du so viele Mauern um dein Herz gebaut? Öffne es wieder und danach wird all das geschehen, wonach du dich sehnst!"
Doch wie sollte Karma Sang dies nur machen? So wusste sie sich keinen anderen Rat, als mit ihrem Maulesel zu ihrem Vetter in den nächsten Ort zu reiten. Dieser machte ihr auch sogleich seine Tür weit auf und bat sie, sich zu ihm ans Feuer zu setzen. Und als Karma Sang ihm ihre Geschichte erzählte, nickte er bedächtig mit seinem Kopf und dachte in aller Ruhe nach. Schließlich hob er seinen Blick und richtete ihn auf seine geliebte Cousine.
"Geliebte Cousine, ich sage dir dies: Bringe dein Herz zur Ruhe, richte deinen Blick zur Sonne, atme tief durch und lasse fahren all dein Misstrauen und all deine Angst dahin. Du WIRST versorgt werden, denn DU WIRST gesehen! ALLES hat seine Zeit und ALLES folgt einem wohl durchdachten Plan. JETZT bist du allein und deine Vorräte reichen nicht für ein großes Gastmahl, denn … du musst IN DICH gehen! Durch dich sollen die Werke des großen Herrn offenbar werden und dafür brauchst du diese Zeit. Sorge dich also nicht und vertraue darauf, dass die Zeit sich wird wandeln. Eines Tages wirst du finden all das, was du ersehnst seit langen Zeiten. Und die Mauern werden in sich zusammenfallen wie die Sandwälle, die vom Winde verweht."
"Ich danke dir sehr für diese weisen Worte! Nun werde ich zurückkehren und mein Tagwerk in aller Bescheidenheit erledigen."



Rebell sein

Sehnsucht nach Befreiung
Unseres Knastes, in dem wir hocken
Und das Schauen auf unsere
Väter und Mütter
Die uns keine Vorbilder gewesen
Es ihnen nicht gleich zu tun
Sondern Besseres zu wagen
Als sie es je taten
Denn wir sind noch immer
Die Rebellen von damals
Die alles anders wünschten
Und die brachen
Mit den Gesetzen
Der Alten und Tumben
Es ist nie zu spät
Für die Revolte
Für die wir schon immer kämpften
Aufbruch zum Ungehorsam
Aufbruch zum NEIN DANKE, ICH NICHT



W U T
 
Du gehst zu der Gelegenheit und hast dich gut im Griff, du wahrst den nötigen Abstand und gönnst dir dann aber eine Pause. Du lässt alles zu und gibst alles und fragst nicht, was du darfst und fragst nicht, was zählt und fragst nicht, was Moral ist und fragst nicht, was ansteht. Du versuchst ehrlich zu sein ... grundehrlich und weißt trotzdem, dass du lügst und dass dein Leben ein wahres Lügengebäude ist und alles nur zusammenhält, weil du immer noch halbwegs gut funktionierst. Aber lass bitte schon mal ein paar Mauern fallen. Und lass bitte schön mal deine Wut zu. WUT
Ich aber habe Angst vor der Wut. Sie SCHREIT mich an und ich möchte sie am liebsten ins Gefängnis stecken.
WUT. Ich wüte. Haach, ich denke, ich wüte, aber ich trauere. Du bist nicht da und warum? Ich seufze. Ja, das ist traurig. Hör mich. Zu mir bitte komme. Komme. K O M M E . Hör mich. Du existierst? Ja, du existierst. Ich kann es fühlen. Ich höre das H E R Z . Zu mir komme, mein HERZ. Ich atme wild.  Unberechenbar. Und ich will fliegen. Du fehlst mir … du DU D U DUU. Du bist nicht da. Es ist furchtbar. Du fehlst mir. DU. Wer ist DU? DU bist mein Herz. DU fehlst mir. Ich suche dich. Du bist nicht da und warum? Ich weiß nicht, warum. Wo bist du? Kommst nicht. Ich weine WEINE  W E I N E . 




DOCH
Trauer
DOCH
Ist da
In aller Bescheidenheit
Und wehrt sich
In aller Bescheidenheit
Möchte ihren Platz
Möchte ihr eigenes Leben
Jenseits des Offenbaren
Jenseits der Grenze
Zum guten Ton
Zur gezeigten Höflichkeit
Zum Smalltalk zwischen Insidern
Und kämpft um ihr SEIN
Um ihr DA-SEIN-DÜRFEN
Und ihre SCHÖNHEIT



Tröstliche Geschichten von Karma Sang und Döndap

Döndap, ein zutiefst menschlicher Mann, sich jenseits aller Welten Begreifender und Karma Sang, eine mit allen Bereichen der schönen Künste Vertraute, zu inneren Schätzen gewachsene Frau. Bald ein Drittel eines Menschenlebens bedurfte dieses Reifen und doch waren sie sich jenseits dieses Lebens schon einmal begegnet. Hüter des heiligen Grals berichteten von einem Mysterium nicht gekannten Ausmaßes.
Als Kämpfer gegen jegliche Obrigkeit fanden sie schon damals ihren zweifelsohne schmalen Pfad. Das Ende blieb im Dunklen und Geschichtenschreiber entsannen sich nicht.

Karma Sang wollte wissen, wie Döndap sich entschieden und wanderte in den Stall zu ihm, wo er wie sonst die Schafe fütterte. Doch sie traf einen zutiefst Erschütterten, der sich hingehockt die Arme umschlungen hin- und herwiegte.
"Döndap, was ist mit dir?"
"Karma Sang, mir ist eine Erscheinung gekommen!"
Karma Sang wusste, dass Döndap die Wahrheit sagte und setzte sich zu ihm, um ihm zuzuhören.
"Mir träumte, die alte Welt ginge unter und eine neue entstünde. Ich sah das Licht am Ende dieses Tunnels, in dem ich mich seit geraumer Zeit immer wieder befinde. Karma Sang, du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich mich fürchtete. Die Schafe können es bezeugen. Und als ich meinte, daniedersinken zu müssen vor Pein, fühlte ich eine beruhigende Hand auf meiner Schulter liegen und eine Stimme sagte zu mir: "Sei getröstet, Döndap Sohn, du wirst auferstehen aus diesem Elend!" "Karma Sang, was sollte ich sagen, ich wusste doch selbst nicht, WIE dies geschehen könne. Doch da spürte ich wieder diese Hand auf meiner Schulter und so wusste ich, ich würde diesen Weg gehen können!"
Karma Sang runzelte die Stirn, sie verstand nicht: "Welchen Weg, Döndap? Was meinst du?"
Döndap hob müde seinen Blick zu ihr empor und sah sie lange an: " In die Helligkeit, Karma Sang, und in die Herrlichkeit!"


Karma Sang sank danieder und stöhnte: " Ach, wenn doch alles anders wäre!"
Döndap, der ihr Stoßgebet hörte, setzte sich neben sie und nahm ihre Hand in seine.
"Karma Sang, seufze nicht! Schau, du hast doch alles, was du brauchst! Begehre nicht das Glück der anderen! Derer, die da reisen an diesen oder jenen fremden Ort. In deinen Träumen doch reisest du eben wie sie!"
Karma Sang sah ihn skeptischen Blickes an: "Döndap, was meinst du, ich verstehe nicht!"
"Schau, Karma Sang, sind es nicht Reisen, die du machst?! Wo reisen deine Gedanken denn hin, wenn du dort so still verharrst in deiner wärmenden Ecke?"
"Ach, Döndap, weit, weit reisen sie. Dorthin, wo Sand und nichts als Sand über die Weite weht und kein Strauch das Auge am Horizont erblickt. Dort sitze ich dann in der Wärme des sich neigenden Tages und wühle mit den Füßen in dem rieselnden Etwas, das mich umspielt. Döndap, es ist sooo schön dort und ich möchte nichts anderes als dort sein!"
"Und nun, Karma Sang, schließe die Augen und verweile ein wenig dort, wo du in Gedanken hinreistest. Genieße die Wärme auf deinem Haupte und umfasse mit deinen Armen die meinen. Du bist doch nicht alleine dort in dieser Oase des Abendsonnenunterganges."
"Ach, Döndap, du bist mein Strahlen, meine Sonne, mein Leben und Halt. Wie konnte ich nur so zweifeln und mich sehnen nach fremder Menschen Glück!"
 
Karma Sang ging, wie es so ihre zarte Art war, nie so weit, den Menschen in ihrem Hofe die ungeschminkte Wahrheit ins Gesicht zu schmettern. Zwar waren ihre Gedanken auch einesteils optimistischer Art, wenngleich andererseits sie es immer häufiger zu deprimieren schien, dass so wenig Festigkeit im Bemühen der anderen ihres Hofgesindes vorhanden war. Wussten sie denn nicht, dass das Schaffen guten Karmas auch von dem Bestreben abhing, außer Gutes für die anderen zu tun, sich selbst unter sein eigenes strenges Lernregiment zu stellen? Nein, das waren nun nicht immer die großartigen Taten des Ruhmes, sondern so hie und da ein kleines sich Entwickeln, hie und da ein ringendes Üben. Was erwarteten die Hofbewohner, wenn sie sich stets ablenken ließen von Gold und Geschmeide und dem genüsslichen Leben, dem sie zu frönen schienen? Nein, Karma Sang war tief enttäuscht über so allerlei Müßiggang und faulem Sein.




Schubs mich an 

Nein
Nehme mir nicht meine Achtung vor mir selbst
Nein
Hilf mir auch nicht, mich selbst zu bedauern
Ja
Schubs mich an
Dass ich lerne selbst zu laufen
Ja
Mach mir Mut
Dass ich mich traue zu strahlen




Weiße Mutter

Der Zug der weißen Vögel
Die am Himmel ihre Bahnen ziehen
Überirdisch glänzend ihr Gefieder
Geistwesen gleich
Ihre Form verlierend

Ich denke an meine weiße Mutter
Deren Namen ich nicht kenne
Und die mich führt und geleitet
Durch die Untiefen, die da auf mich warten

Die Untiefen
Die ich wohl wahrnehmend
Einfach hinter mir lasse
Um vorzustoßen zu jenen Welten
In denen Goldschätze innerer Art
Auf mich und die anderen warten
Das Dunkle hinter mir lassend
Dem Lichtvollen entgegen.

Das Blau des Himmels ist unendlich
Und ich fliege mit meinen unsichtbaren Flügeln
Über alles, was so profan
Um die weiße Mutter zu
UMARMEN







Die Geschichte vom JA und vom NEIN

Da reckte das JA seinen langen Hals empor und sagte: JA … ICH WILL! Gut und schön. Bis das NEIN entlangstolzierte und dick und fett und bräsig  die Arme in die Hüften stemmte und mit aller Entschiedenheit: "NEIN!" sagte. Da bekam das langhalsige, schmale und elegante JA einen gehörigen Schreck und zog seinen langen Hals wieder ein. Duckte sich und schlang die Arme um die Beine. Bewegte sich hin und her und vergoss ein paar heimliche Tränen. Das dicke fette NEIN, eigentlich in der Regel recht dickhäutig, guckte mit schiefem Kopf und wägte ab. Ging schließlich zu dem JA und zog das Knäuel wieder auseinander. So weit, dass es ganz breit und nicht mehr so langhalsig war. Und als es dann sein leises JA hauchte, fühlte es sich schon wieder ein wenig wohler. Und als es dann von dem NEIN freundlich angeschaut wurde, kam aus dem Munde des zarten JA ein rundum zufriedenes … selbstloses … J A



Die Arme heben

Fortfliegen
Sagte sie
Und klebte doch am Boden
Die sogenannten Sachzwänge
Immer die
Immer die
Und die Feigheit
Und die Faulheit
Und die versammelten Ängste
Alles zusammen
Unzumutbar

Einfach anders sein
Und die Arme heben
Und
FORT FLIEGEN
Das wär’s!


Vereint sein

Wir waren vereint EINST. Und ich sah dich. Und du mich. Aber das Wetter war rau. Und die Wogen schlugen hohe Wellen. Ich tauchte unter … manchmal … bekam keine Luft. Strudelte so im Nass des Lebens. WIESO schwammen wir nie gemeinsam? 
Und so war das, was geschah, ENTSETZLICH. Es dauerte mich. Es machte mich TRAURIG. So wie es dich TRAURIG machte. VERELENDUNG auf ganzer Linie.
Es würden jedoch Zeiten anbrechen, in denen wir dies alles überwunden haben würden, sagte ich mir ... immerzu ... immerzu. JA, so würde es sein ... sicher .... bestimmt ... klar doch. Na sicher ... S I C H E RRRRRRRRRRRR ......... 



Ziegen-Disco                    

Stehen zwei Ziegen vor der Tür einer Disco. Sagt die eine:
"Kommst du mit rein?" Sagt die andere:
"Nee, ich hab keinen Bock!"
"Ja, wenn's das nur ist, ich hab ja auch keinen! Schauen wir mal, was für Böcke sich da drinnen tummeln, vielleicht ist ja einer dabei!"
Gesagt, getan. Die beiden Ziegen, frisch abgespritzt, gebürstet und ihr Euter eingefettet zahlen Eintritt und wagen sich in die Höhle der Ziegenböcke hinein.
" Hach, wie es hier drinnen nach BOCK duftet!"
Sie laufen erst einmal an den Getränke-Automaten und zapfen schnell ein wenig Antialkoholisches und betrachten das Treiben in der Umgebung. Herausgeputzt die anderen Ziegen! Gegeelte Bärte, gelackte Hörner, gepiercte Ohren und sogar in manchem Euter findet man derartigen Schmuck. Auch Euter-Tätowierungen scheinen in Mode gekommen zu sein. Und die Blöcke, wie sie so um die Wette grunzen, da hört man dann das Meckern der Weiber zum Glück nicht mehr ganz so laut. Aber einen Gestank verbreiten diese Grunzer, nicht auszuhalten! Vor lauter Gegrunze scheint ihnen ihr Hirn sonstwohin gerutscht zu sein. Sagt die eine Ziege, Luise heißt sie:
"Sag mal, gefällt dir hier irgendein Bock?"
"Hmmmh, nee, eigentlich nicht. Zu dicke Klicker und … ist irgendwie nicht mein Ding, wie sie da so grunzen und mit ihrem Schwanz wedeln und ihren Hufen scharren, als wenn sie gleich nen Bock-Sprung machen wollten. Komm, lass uns gehen!"
"Nee, wart mal, Elfriede! Da hinten in der Ecke, da hockt so ein Bock, DER könnte mir gefallen!"
"DER da mit der Zeitung und diesem spöttischen Blick? Der scheint doch gar nicht interessiert zu sein an Ziegen-Weibern!"
"Jaa, das finde ich ja gerade so spannend! Den muss man wahrscheinlich erst erobern, da muss man sich anstrengen, da brauchst du mehr, als nur dein Euter zu zeigen, um dem zu gefallen! Komm, lass uns mal was probieren!"
So laufen die beiden erst einmal zum Ziegen-Klo, das sich im Hintergrund befindet und beratschlagen sich. Kommen wieder heraus und schleichen sich zum Zeitung lesenden Ziegenbock und tippen kurz an sein Horn.
"Hallo! Wir haben gesehen, dass Sie hier Zeitung gelesen, das hat uns gefallen! Wir wollten Sie fragen, ob wir Ihnen etwas vortanzen dürfen?"
Irritiert hebt der Ziegenbock mit diesem intellektuellen Touch den Kopf und schaut auf die beiden Ziegen. Ein lautes Bock-Lachen ist die Antwort. Warum? Na, ganz einfach. Die beiden Ziegen haben sich ausgezogen bis auf ihre Unterwäsche und aber, das Reizende daran, mit einer roten Clownsnase auf ihrer Schnauze.
"Na, dann beginnt man mal, ihr beiden Ziegen-Täubchen!" lautet seine spöttische Antwort.