Dienstag, 7. Oktober 2014


 Unschuld vom Lande

Wollwebende Unschuld vom Lande
Vollbringt große Taten
Geht ins Feindesland
Meerumschlungen und geistdurchwindet
Sucht sie ihren Weg durch verschlungene Pfade
Des undurchdringlichen Urwaldes
Die so anders als früher
Undurchschaubare Gesetze und coole Masken
Herrschen hier und nichts ist an seinem Platz
Verloren und verratzt kreucht sie hoch die Treppe
Aber auch dieses sind kleine Taten
Angesichts der Morgensonne, die da leuchtet
Gen Himmel im Osten
Den zu sehen sie manchen Ortes wünscht
So komme nun Geist und zeige dein Gesicht
Bringe Zuversicht, dass Pläne hier geschmiedet
Vollenden sich zur Zufriedenheit der Götter
Und Zeichen goldenen Anscheins
Rollen über die Bühne
Und alle Statisten krümmen sich vor Lachen
Wer da agiert, ist lachhaft ob der Fehler
Aber voll hehrer Absichten stiefelt er weiter
Und versucht wie Hans im Glück
Alle Taler einzutauschen



Vom Wandel im Leben

Als Kind
bunte Flecken auf Bilder gemalt
und mit den Freunden Ringelpietz im Garten getanzt.

Als junge Frau
die Grenzen des Lebens immer wieder neu ausprobiert
und die Seelenkratzer hinter’m Schildkrötenpanzer versteckt.

Um jetzt, im Alter, beschützt zu sein,
von bunten Bildern, kreisenden Tänzen,
wahren Seelenfreunden und zerkratztem Panzer.

Die Glückliche.


Spuren

Nashörner stieben vorbei
Dumpfes Getrampel wirbelt Staub auf
Und wenn alles vorbei
Sieht jeder verwundert hinterher
Was bleibt, sind Spuren im Sand
Und irgendwie ein penetranter Geruch.


Es wird Herbst im Innern
Fallobst sicher fallend ins moosige Gras
Blaubeeren verstreut im grünen Bodenkraut
Dunkler Wald, verschluckend meine Hilferufe
Enger Pfad durch’s Dickicht
Take me by the hand, come on
Versuche die Brücke zu überwinden gescheitert
Es ist so phlegmatisch die Chose
Aber wie Kornfelder wiegen sich sanft im Wind
Und die Blätter fallen leise ins taufrische Gras
So vergeht der Sommer langsam
Und Herbst kehrt ein in die Herzen
Und damit ein Mildern der Schmerzen


Die Raupe
Die sich endlich mal verpuppte
Die sich endlich mal zum Schmetterling
Der endlich mal ...





Verborgene Schätze

Verlorene Schätze, die da liegen
Im Wald und unter der Erde
Vorboten der Götter Schaffenswerke
Stilisiert und wunderschön in ihrer Grazie
Es ist so rätselhaft, was das bedeutet
Lass dich hernieder
Du Engel des Erkennens
So musste schlafen, was dort liegt
So musste alles werden
Was schwer wiegt
Ich sehe deutlich das, was ist
Und langsam wird klarer
Wo Schätze zeichnen ihre Muster
Unter Laub bedeckte einsame Gestalten
Wieder entdeckt und ausgegraben
So ist das Leben endlos
Und wir graben nach Geschichten
Die wir brauchen, um zu verstehen



Schicksal und Chance

Scherben zerbersten
Lufthauch, der mich umweht
Bilder kommen und gehen
Verlorene Seelen
Schmerzen ohne Ende
Tagelöhner helfen sich bis zur Wende
Was mutet man manchen zu
Geduld zu üben
In Schwere zu wandeln und
Nehmen das Schicksal an
Als Gottes Wille
Als Chance für uns Menschen


Unser Weg

Wir sind auf dem Weg
Und alles ist im Fluss
Der Engel, er ruft uns
Der Teufel, er sucht uns
Aber wie Sieger finden ihren Weg
Werden wir gehen sicher suchend
Und landen dort, wohin Phönix
aus der Asche stieg empor



SICH ändern
Reines Weiß lieb ich nicht
Der Farben jeglicher Couleur
Passen zu mir und meinem Wesen
Das sich fast verlor
Und dennoch wieder stieg empor
Zu Phantasie und Witz
Ach, ich will mich ändern, potzblitz
Will wieder durchlässig werden
Für meine Strahlen
Des Engels über mir
Der unablässig an mir baut und schaut
Dass alles verläuft
In gerader Linie zu dir



Lebenswege

Episoden des Lebens
Wahrlich humoresk
Verschlungene Pfade
Die wir gehen
Wir Menschen
Die sicher suchend im Nebel
Tastend ob der schemenhaften Wesen
Die da groß und dunkel
Plötzlich riesenhaft sich auftürmen
Zu Dies und Das
Wieder lichter werden
Wieder leichter werden
Volle Kraft voraus
Es sind die kleinen Dinge
Die entzücken
Es sind die inneren Werte
Die beglücken
Die Mühlen mahlen unaufhörlich
Das Korn knirscht zwischen den Steinen
Und mit großer Gewalt wird Mehl
Was Mehl werden soll
So auch ich



Mut zeigen


Versuch’s doch mal
Tanze nicht nur im Kreis
Glaube an das Schönste in dir
Die Wogen glätten sich, einerlei
Es ist schwer, das zu erreichen
Aber vieles in Gemeinschaft fällt leicht
Und der Mut der Frauen ist zu bewundern
So ist Glut da, mein Freund
Und dieser Herbst wird lichten, wie mir scheint
Und all das Malen und Dichten
Das hier entstand
In schweren und leichten Stunden
Wird glänzen
Ohne Grenzen.


Was wiegt schwer
Gefängnismauern im Staate Nirgendwo
Kleinwüchsige Meerjungfrauen in Central City
Bauernweisheiten und Naturburschenmanier
Kleinstädtische Pseudofreiheit
Gegensätze wie eh und je
Wenn ich in ihre Seelen seh
Ein Staunen ob des Fernwehs
Raus aus den Fesseln und los ab hier
Das Leben ist eine Waagschale
Und was mehr Gewicht, geht zu Boden



Durchlässig werden
Wenn man noch nicht erpicht
Auf Durchlässiges
Geht man zu Grunde
Doch so werde ich nicht enden
Denn du bist es, für den ich mich ändere
Von den ganzen Jüngern
Erntet derjenige die Krone
Der bettelarm geht seinen Weg
Und nicht geblendet von Macht und Ruhm
sich vergleicht mit diesem oder jenem
So brauchen wir den Einsatz aller Kräfte
für das Gute dieser Welt
Es ist jetzt wahrlich genug der Mächte
Die verhindern ohne Unterlass
Dass du hockst auf jener Stelle
Und es dauert mich
Zu sehen, wie kristallklares Wasser
Unverrichteter Dinge fließt hinab
Und weder du, weder ich
Können uns laben an ihm
So lichte dich, du undurchdringlicher Wald
So zeige uns den Weg, der führt zum Ausgang bald



Impulse ergreifen

Versteckte Hinweise sind es
Die mir imponieren
Boten aus einer andren Welt
Alles deutet auf eine Lösung
Ganz andrer Art
Doch wie wir versuchen stets
Da zu sein, wenn es gefordert
Ist es das Gebot der Stunde
Die Impulse zu ergreifen
Wie ER will
So wir denn in der Lage
Und so es uns gefällt


Aufrecht gehen
Liebeshymnen und Nachtgesänge
Glauben an Unmögliches
Gottes lange Hand währt ewiglich
Wer wohnt in falschen Stätten
Muss sich nicht wundern
Wieso verlässt ER seinen Schlitten
Und fegt herbei und droht:
Gehe aufrecht deinen eignen Weg
Verliere niemals dein Gesicht
Denn so wichtig in unsrer Zeit
Ist es, dass wir wandeln
Wie die Flamme glüht
Und wird nie ausgeblasen
Und leuchtet in der Dunkelheit den Weg
So weise den Ausgang Geliebter
Und halte mich in deinen Armen
Und tröste mich
Trotz all der Tränen
Die da fielen Nächte lang
So wird mir geholfen
Angesichts der Liebe von dir

Wunder

Schwanengesänge sind es, die ich höre
Flügel fallen vom Himmel
Echnaton erinnert mich an seins
Ich falle in Ohnmacht vor Scham
Warum fahren wir nicht zu zwein?
Es ist alles in Schutt und Asche
Aber lauter Hindernisse in dieser Welt
Verändern ihr Gesicht
Und es geschieht Wunder
Wenn die Sonne scheint am Himmelstor
Goldener Wagen rollt über lange Bahnen
Durch schleierhafte Wolkenbänke
Auf die Erde hernieder


Der Weg zur Kunst

Schafsherden werden getrieben
Honigsüßes Lamm voran
Bauer sein nach Belieben
Das war doch immer mein Plan
Wohin sind die Wolken gezogen
Wo weht der Wind
Ich habe im Leben vieles erwogen
Und nun bin ich bei der Kunst, mein Kind




Spuren
So lange Fußstapfen die Erde säumen
Gehen Menschen ihre Wege
Weinend stehe ich am Rande
Und verweile in meiner Position
Wohin gehe ich im Strudel dieser Spuren?
Die da Muster ohnegleichen
Hinterlassen allerorten
Es ist so verwirrend ob der Möglichkeiten
Und mir fehlt der Mut hinaus
Mein Schneckenhaus schützt mich vor Regen
Und so ziehe ich mich zurück
Und es taucht nicht auf der Phönix
Der aus der Asche emporsteigend mich mitzieht
Und zu Taten anspornt, die meiner würdig

Den anderen finden

Verloren im All der hellen Sterne
Vergebens versucht dich zu finden
Verklebte Lider öffnen sich langsam
Aber geschwächt vom Leben ist alles schwer
Was wird passieren dort draußen
Verlor ich dich bei all dem Trubel?
Aber wie Zwillinge gehen zusammen
Hand in Hand und einen sich immer wieder
Glaube ich ganz fest an alles
Was scheinbar verloren geglaubt



Heimat

Das Heimathaus
Dieses stattliche Monstrum
Längst vergangener Zeiten
Wie hat es doch uns geprägt
Viel war dort, was wir erlebten
Etliches schon verjährt
Doch wir zwei, die sich trennten
Und fanden zusammen nach langer Zeit
So sind auch wir
Ich will das nur, wenn reif die Zeit
Die unsere
Ich will das nicht, wenn alles stinkt
Nach Muff, Mief und falschem Stolz
So schufen einst die Götter ihre Werke
So schufen auch wir
Und hielten Obacht
Ob das, was unser gemeinsames Ziel
Erreichbar oder nicht
Doch messbar am Stande unseres Horizontes
ist möglich, was noch weit entfernt



Wer sind WIR?

ICH und DU
DU und ICH
Wer sind wir im Strudel der Ereignisse
Wo bleiben wir, die wir einst waren
Was ist dein Innerstes, dein Kern
Ich fühle mich geschaukelt
Im Trudeln hin- und hergeworfen
Ich suche meine Mitte
Inmitten allen Neuen
Inmitten allen Chaos
Was soll geboren werden
Es ist noch nicht da
Doch wie jeder Tag neu entsteht
Unaufhörlich
So wird werden, was unser Ziel




Geheimnisvoll

Weiches Katzenfell
Balancieren auf dem Fenstersims
Rauschender Morgenverkehr
Müde Augenlider
Und das ganze Alter in meinen Gliedern
Wer wagt, der gewinnt
Nicht verzagen, mein Kind
So lasse los, alles, was ist
Und beginne Neues
Und lasse hinter dir den ganzen Mist
Esperanto oder wie das heißt
Mein Engel, ich hoffe in Heiterkeit
Genüsslich und sorge mich nicht
Und glaube, es werden finden sich
Die Dinge, die sollen sein
Und alles wird kommen,
Was besseren Schein

Feuervogel
Verfluchte Erde hält mal wieder nieder
Doch Strahlen des Himmels heben empor
So gedenke aller Taten vergangner Zeiten
Und sehe dabei das Himmelstor
Durch das wir gingen einst vereint
Und oh Wunder, wir hören den Chor
Der sang und spielte für uns ganz allein
Pyramiden gleich der Ausgang
Himmelstreppen liefen wir hinab
Unten angekommen, fiel das Laufen schwer
Nicht zu Hause sein, wo alles so leer
Nur tiefer Sinn befreit uns ein Leben lang
Von Pein und Schmerz vergangner Tage
Was geschah, ist vorbei
Doch verblichene Erinnerungen werden oft klar
denn wir erduldeten so viel und starben um ein Haar
So war das Leben so schwer
Aber der Feuervogel sang seine Lieder
Und sanft brannte alles nieder
Was nicht gebraucht und soll kommen nie wieder



Durchgänge
Durchgänge, die da warten
Geheimnisvoll, dunkel und mysteriös
Ich weiß, es werden die Karten
immer wieder gemischt so kapriziös
So ist es nie gewiss
Was wird sein dahinter
Ist es gelb, blau, Sommer oder Winter?



Nicht aufwachen wollen

Putzmunter in ihren Träumen
Nicht aufwachen wollen
Alles ist so anders
Wieso endet dieses Elend nie
So wie winterliche Tage voll kristallklarer Luft
Den Atem reinigen
Die Seele sich befreit
Möchte auch ich mich wieder fühlen
Die Brust senkt sich und die Brust hebt sich
Und das Herz pocht unaufhörlich
Doch wofür
Ich fühle mich verschaukelt
Und das Leben rollt irgendwo neben mir
Das Pferd steht noch draußen vor der Tür
Und Menschen erzählen Geschichten
Während ich alles vorüberziehen lasse
Und mich wundere, wie alles geschah
Doch als ich aufwachte, war da nichts
Was mich antrieb, das Leben zu wagen
Nur der Trost und die Aussicht zu malen
Ließ mich wanken und so
Lebe ich weiter, wie an jedem Tag
Sich schützen

Sengendes Feuer auf unschuldiger Haut
Verbrennt die Seele nur von außen
Was aber wahrlich ätzt ist nicht dieses
Sondern der Müll, der von innen
Sich einschleicht so allmählich und subtil
So wahre die Grenze zum unerlaubten Terrain
Das Gebiet, das nur schwer einzusehen
Schütze und hüte Verwundbares
Das Muscheln gleich liegt geschützt in dir
Zwar umhüllt durch Schalen vielerlei
Doch wer den Eingang kennt
Kann verletzen so allerlei

Gute Geister

So wurd es schier unerträglich
Sich zu entscheiden ob der Möglichkeiten
Die sich boten hie, die sich boten da
Doch letzten Endes siegte das pochende Herz
Für das Wesentliche, das da sprach in ihr
Mit eine Stimme, leise und zart
Horch, mein Mädel, horch genau
Ich sage dies dir nur einmal
Wage nicht das Falsche
Sei achtsam und bedenke
Ich habe Größeres mit dir vor als du denkst
Denn die guten Geister sind es letztendlich
die die Zukunft
und solche wollen es sehr
du weißt es und bist geblendet
So konzentriere all deine Kräfte
und lasse nicht ab von deinem Ziel
dem großen und hehren


Wille zur Entwicklung

Besserwisserisch sein Motto verkaufen
Unangesagte Themen auf den Tisch legen
Verbrauchte Batterien nicht beachten
Verrauchte Zimmer sorgen für Atemstillstand
Gleitend die Schutzhüllen rutschen ab
Vermehrte Hilfe ist vonnöten
Glaube, dass es bald regnet
Bewegungen bis zur letzten Dehnung ziehen
Aber lockert man seine alternden Muskel
Kommt auch dort Fluss
Wo schon langwährende Staus blockierten
Und alter Gammel taucht auf
Doch wer denn arbeitet stetig weiter trotz Zwicken
Und glaubt an Entwicklung
  Wird rasch belohnt

Weichheit und fließende Bewegungen
Nicht nur der Muskeln, auch mental
Und kein Blatt wird gewendet
Wenn einer es nicht versuchte
Sprich an die Not und keuche
Verletze nicht den anderen grob
Versuch zu leben in innerer Reise
  Singe deine Lieder in leiser Weise




Eine Busreise

Da war sie einfach in den Bus gestiegen und wusste nicht einmal, wohin dieser fuhr. Draußen nichts als Nebel. Sie lehnte den Kopf ermattet an die Scheibe und schloss ihre Augen. Fuhr hoch, als der Bus erneut hielt. Ein Mann stieg dazu und setzte sich in die vorderste Reihe. Erneut schloss sie die Augen und ließ sich vom Hin- und Herwogen des Gefährts mittragen. Draußen noch immer nichts als Nebel. Leise Musik flutete bis zu ihr herüber. Der Mann in der vordersten Reihe in seiner geraden Haltung schien der Nebel nicht zu stören. Aufmerksam blickte er um sich. Sie folgte seinem Blick … unwillkürlich. Etwas schien so wach zu sein an ihm und das zog sie in den Bann. Sah er dort draußen anderes als den Nebel? Nun … Schemen konnte auch sie erkennen. Es waren da diese verschwommenen Konturen. Doch schien sich in ihnen etwas Geheimnisvolles zu verbergen. Und so richtete sie sich auf und blickte sich um. 

Und als der Bus erneut hielt und die Türen sich weit öffneten, der Busfahrer gar den Motor ausschaltete, alles Laute sich in Leises verwandelte, schälten sich aus dem Einerlei der Töne einzelne heraus. Da war ein Fiepen … manchmal ein Jubilieren. Es mutete wie ein großes heiteres Konzert an. Und sie begann sich zu entspannen und ihr Gehör mal dieser und mal jener Melodie zu widmen. Da war etwas jenseits der WORTE und sie begriff, dass das Jubilieren der Vögel keinen Grund bedurfte außer dem des einfachen SEINS. Ein Lächeln stahl sich in ihr Gesicht  … ein kleines nur, ein nach innen gewandtes, feines und erkennendes Lächeln. War es das, was den Mann in der vordersten Reihe so heiter aussehen ließ?
Sie saß nun da und die Türen waren weit geöffnet. Die ersten Sonnenstrahlen schienen zaghaft durch die sich langsam lichtenden Nebelschwaden und sie streckte ihre müden Glieder, um sich zu entspannen in dieser morgendlichen Wärme. Ein Blick aus wachen und warmen Augen traf sie und unwillkürlich erwiderte sie scheu diese Geste … desjenigen, der wie sie auf Reisen zu sein schien. Etwas genauer ihn zu betrachten wagte sie noch nicht, es war nur dieses Lichte und Heitere, das sie erreichte. Von draußen drangen die Vogelstimmen ins Innere und auch der Wind frischte auf. Die Bäume und Sträucher bogen sich unter dieser frischen Brise, die sie sogar bis in ihre letzte Sitzbank zu spüren begann. 
Aus den Augenwinkeln vernahm sie, dass der Mann aus dem Bus ausstieg und draußen etwas zu suchen schien. Sie folgte ihm mit ihrem Blick und nahm erneut seine aufrechte und bewegliche Haltung wahr. Da war etwas sehr Empfindsames und Jugendliches an ihm und doch schien sein Alter ihrem ähnlich. Einen Jasmin-Zweig brach er ab und roch daran, schlenderte langsamen und bedächtigen Schrittes zum Bus zurück und kam auf sie zu:
"Ich möchte Ihnen etwas schenken! Riechen Sie doch einmal, wie schön das duftet!"
Nun aber war sie perplex und das sah man ihrem Gesichtsausdruck auch an. Sie konnte sich nicht erinnern, solch liebenswerte und ja doch nur kleine Geste jemals erlebt zu haben. Es war so altmodisch … und doch schien ihr dies seit jeher gefehlt zu haben. Und auch, wenn das inzwischen vollkommen out zu sein schien, erreichte er damit ihr HERZ.
Schon saß er wieder vorn in der ersten Reihe und sie hatte sich noch gar nicht bedankt. Ein einfaches DANKE und ein Lächeln dazu hätte vielleicht genügt, aber dazu war es nun schon zu spät. Sie roch an den weißen und fast herzförmigen Blättern und sog den süßlichen und intensiven Geruch ein. Da, wo sie herkam, roch es anders und fast schwindelte es sie bei so viele Süße.
Der Bus schaukelte so vor sich hin und sie überlegte, wie sie dem Mann in der ersten Reihe danken könnte. Ahnte er überhaupt, was er da getan mit ihr? Sie, die sie doch so ermattet dasaß und ihre Gedanken an ihre Vergangenheit sie noch immer plagten und sie nur mit allerletzter Kraft diesen Bus erreicht, um allem zu entfliehen. Dass so eine einfache Geste des ihr eine Blume Schenkens sie an etwas erinnerte, was es ja auch noch zu geben schien. Jenseits des Elends, das hinter ihr lag? Wie konnte sie dies ihm begreifbar machen? Oder SAH er mehr, als sie ahnte? Ja, wer war er überhaupt? Und wohin wollte er? Wann stieg er wieder aus? 

Die Musik, die der Busfahrer da aufgelegt hatte, begann sie zu ergreifen. Welch traurige Melodie! Sie nahm überhaupt erst jetzt den Busfahrer mit ihrer eigenen melancholischen Stimmung wahr … er schien wie sie so traurig. Die Schultern gebeugt, wie, als wenn sie von der Last seines Lebens schwer trugen. Der Mann in der ersten Reihe bemerkte dies wohl auch, denn er sah sich um und sie an und sein Blick deutete zum Busfahrer hin. Da begann sie zu lächeln und formte ein lautloses DANKE mit ihren Lippen. Ein leichtes Kopfnicken voller Eleganz und in sich ruhenden Gleichmutes war seine Antwort. 

Die Fahrt ging weiter und sie konzentrierte sich auf die Landschaft da draußen. Dichte Wälder wechselten mit lichtvollen Weiden, hie und da ein Dorf … manchmal eine Stadt mit ihrem regen Treiben. Doch all das erreichte sie nur wie durch einen Schleier. Was gingen sie das alles da draußen noch an? Sie schaute und schaute und ihre Miene zeigte keinerlei Regung, der Blick schien wie über allem zu schweben … immer eigentlich mehr nach innen gerichtet. Die traurigen Lieder aus dem Radio beschworen mal diese und mal jene Erinnerung in ihr herauf. Einmal sogar rollten die Tränen leise ihre Wangen hinunter. 
Eine Bewegung dort vorn holte sie aus ihren Träumen heraus und sie sah voller Schreck, dass der Mann in der ersten Reihe seinen Rucksack zusammenzupacken schien. Etwas in ihr sträubte sich mit Vehemenz dagegen. NEIN, sie wünschte, er würde weiter mitfahren. Der Busfahrer indes schien noch gebeugter und sie fühlte eine große Nähe zu ihm. Und als der Bus schon hielt, die Türen sich öffneten, der Mann aus der ersten Reise sich anschickte, den Bus zu verlassen, nicht ohne ihr noch einmal grüßend und sich verabschiedend zuzunicken … hielt er auf einmal INNE in seinem Vorwärtsstreben, sah auf den gebeugten Busfahrer und auf sie und setzte sich einfach wieder hin. 
Sie konnte fühlen, wie ihr Herz ihr im Innersten pochte wie lange nicht mehr. Warum tat er jetzt dies? Lag der Grund in ihm, im Busfahrer oder etwa in ihr? 
Die Fahrt setzte sich fort und es wurde langsam dunkel. Müdigkeit ergriff sie und so nickte sie ein. In einem Traum erschien ihr dieser Mann noch einmal. Er hieß "Seamore" und sie kannten sich schon seit immer. Und seit immer hatte er sie beschützt, auch wenn ihr das manchmal zu entfallen schien. Ein großer Bruder? Ein Schutzengeln? Eine lieber Nachbar? Wer war er? Und als sie wieder erwachte, ein wenig frischer als zuvor, da sah sie diesen Mann da in der ersten Reihe mit neu gewecktem Interesse an. Wie er sich dort vorn mit dem alten Busfahrer unterhielt, als wenn sie sich schon lange kennen würden. Etwas Ernstes war da in ihrem Gespräch. Eine gewisse Dringlichkeit konnte sie dem Ganzen entnehmen. Seymore, sie nannte ihn einfach jetzt so, zum Busfahrer gebeugt und mit jeder Faser seines Körpers den Worten lauschend. Etwas seltsam Beruhigendes ging von diesem Geschunkel des Busses aus, der Wärme, dem sanften Dahingleiten dieses schon sichtlich alten Gefährts. Dazu das beruhigende Lächeln des Mannes da vorn, das sie immer mal wieder für einen kurzen Moment streifte.
Es wurde tiefe Nacht und sie wunderte sich, dass der Busfahrer noch immer fuhr. Doch dann, nach einer für sie schier endlos erscheinenden Fahrt, hielt er an. Wo waren sie? Eine Stadt … so schien es. Andere Busse. Menschen. Viele Menschen. Und sie schienen ihren Busfahrer alle zu kennen. Und zu MÖGEN. Müde rieb er sich die Augen. Streckte seine weit von sich und stand MÜHSAM auf. Es war einer dieser entscheidenden Momente, in denen die Weichen ganz neu gestellt werden konnten. Was nun also tun? Sie packte ihre Tasche und stand gemächlich auf, noch immer im Banne dieser tröstlichen Fahrt und schlenderten nach vorn.
" Kann ich etwas für Sie tun?"
Doch noch immer keinerlei Regung. Der Mann aus der vordersten Reihe runzelte die Stirn, sah sie besorgt an und wandte sich an die Außenstehenden, die um den Bus standen.
"Kann uns hier jemand weiterhelfen?"
Und so geschah es. Eine kleine Gruppe von sehr unterschiedlichen Menschen in diesem kleinen Bus beschloss gemeinsam weiterzufahren … den Busfahrer in ihre Mitte nehmend … selbst zu steuern. Die Fahrt ging weiter und die Frau in der letzten Reihe sowie der Mann aus der vordersten Reihe waren also nicht mehr allein. Irritiert und auch ein wenig erleichtert schaute sie sich um … wer waren diese Menschen? Kannte sie sie oder war sie ihnen noch nie begegnet in Ihrem Leben? Sie zählte die Reihen durch und kam auf 24 Mitreisende. Eine stattliche Zahl. Und … wer war der Busfahrer, der Neue? Jünger schien er zu sein … nein … erst jetzt erkannte sie ihn … kein geringerer als Seymore selbst leitete das Gefährt.

Die Mitreisenden schienen sich eingerichtet zu haben auf eine Fahrt ins Ungewisse und umsorgten den alten Mann in ihrer Mitte voller Herzlichkeit und Mitgefühl. Neid spürte die Frau in der letzten Reihe und ihr Alleinsein drückte schwer auf ihre Schulter. Ja, so gern würde sie auch dazugehören zu diesen Menschen, doch wie die Hürden überwinden? Endlos fern fühlte sie sich ihnen und tiefe Gräben schienen sich zwischen ihnen aufzutun. Einstweilen begnügte sie sich damit, diese anderen zu beobachten. Junge und Alte waren dabei, ein paar Kinder gar, Männer als auch Frauen, und alle zusammen eine recht bunte Gesellschaft. Hier hörte sie Fetzen eines Gespräches, dort brandete ein beherzte Lachen an, in der hintersten Ecke hörte sie ein Flüstern und in ihrer Nähe ein leises Schniefen. 
Was war das? Wer weinte da so leise vor sich hin? Sie beugte sich ein wenig nach vorn. Noch traute sie sich nicht zu schauen, von wem dieses leise Wimmern kam, doch sie konnte spüren, dass da offensichtlich jemand genau so traurig war wie sie. War sie also doch nicht so allein mit ihrer Trauer! Sollte sie sie vielleicht einmal ansprechen? Doch wie machte sie dies? In Gedanken ging sie alle Möglichkeiten durch und kam zu keinem Schluss. 

Da … plötzlich … hielt der Bus und Seymore, der Busfahrer, stellte sich vor alle und begann zu summen. Was war das? Alle schauten auf. Das Summen wurde zu GESANG. Seymore SANG IHNEN ein Lied. Seymore hatte gesehen, dass dort traurige Menschen in ihren Sitzen versanken und nun sang er dieses kleine, tröstliche Lied für sie. Eine Welle von Begeisterung rollte durch den Bus und alle lauschten GEBANNT dieser TRÖSTLICHEN Melodie. Und allen voran die Frau aus der letzten Reihe. Der Gesang waren mehr, als sie meinte verkraften zu können. Doch mit gerader Haltung, die Hände ineinander verschlungen, das Gesicht nach vorn gerichtet, ließ sie diesen tief in sich hinein. Wagte kaum zu atmen und spürte, wie dieser immer langsamer wurde und das Ausatmen ihr leichter fiel. Ein lästiges Schlüsselrasseln hätte sie am liebsten unwirsch unterbunden, doch sie saß bewegungslos und sog diese göttliche Melodie in sich hinein. Ob es dieser weinenden Frau wohl auch so erging? 

Das Schniefen hatte aufgehört und als sie sich nach vorn beugte, begegnete ihr der Blick dieser und ein leichtes Lächeln huschte über das Gesicht der traurigen Nachbarin. Unwillkürlich lächelte sie zurück und ein Gefühl der Weichheit machte sich in ihr breit. Ein wenig muteten diese Lieder ganz alten Gesängen an. Ein tiefer Bass wechselte mit hohem Tenor und Seymour schien die ganze Bandbreite in sich zu vereinen. Als die letzten Töne verklangen und sie sich wieder langsam aus ihrer bewegungslosen Haltung löste, rauschte ein minutenlanges in-die-Hände-Klatschen durch den gesamten Bus und es war ihr, als wenn dieses großartige Lied von Seymour alle ein wenig geeint hätte. Nicht mehr nur FREMDE saßen da um sie herum, sondern Menschen mit Seelen, die sich genau wie sie jetzt auf einer Reise, die für niemanden auf ein genau definiertes Ziel hinlief, befanden. Des Reisen wegens und des den-alten-Busfahrer-fürsorglich-in-die-Mitte-Nehmens waren sie in diesem gelandet. Welch Abenteuer sie auch noch erwartete, sie waren jetzt, wenn auch nur für eine gewisse Zeit, ein ganz klein wenig geeint und auch, wenn andere unterwegs ausgestiegen oder Neue einstiegen, sie fühlte sich nicht mehr ganz so allein wie zuvor.

Dachte sie zumindest und dann schien sie doch wieder eingeschlafen zu sein und schreckte erst hoch, als sie eine aufgeregte Stimme hörte:
"Wo fahren wir eigentlich hin?"
Und dann ging das Gezeter los.
" Das ist doch ganz klar! Wir fahren gen WESTEN, da gibt es einen großes Haus, in dem man ALLES kaufen kann und da holen wir dann das, was wir brauchen und dann bauen wir uns eine Burg, in die ziehen wir ein und da gibt es dann einen Swimmingpool, in dem schwimmen wir und dann am Abend machen wir ein großes Fest und tanzen die ganze Nacht und feiern bis zum Morgen. Wir haben einen Gärtner, der bringt das Gemüse in unsere große Küche und eine Köchin kocht uns ganz fantastische Menüs. Und dann sind wir glücklich!"
Und sie dachte: "Au ja, Schwimmen und Musik und Sonne und Tanzen! Das könnte ich jetzt wirklich gut gebrauchen."

Aber da tönte schon eine andere Stimme:
"Halt! Ich habe eine viel bessere Idee! Wir fahren in den OSTEN und machen unser GANZ eigenes Ding! Nichts mehr mit diesem miesen System, in dem wir leben. Ich habe wirklich die Nase voll und will meinen eigenen Staat. Da wird dann ALLES ganz anders sein, das verspreche ich euch. Und dann bauen wir eine große Mauer um uns und dann kann keiner uns mehr stören!"
Und sie dachte: "Ja, genau, das ist gut, ich wollte doch auch schon immer alles ganz anders, die große Revolution, Scheiß-System, mit dem ich nichts mehr zu tun haben möchte!"

Sie konnte diesen grandiosen Gedanken kaum zu Ende denken, da meldete sich eine dritte Stimme:
"Halt! Meine Idee ist noch vielviel besser! Wir fahren in den NORDEN, da kenne ich einen großen Platz, da wohnen die Menschen in einer großen Gemeinschaft zusammen und sind nicht mehr allein. Ich will nicht mehr allein sein, ich möchte Kinder und Omas und Opas und Mütter und Väter und einen Bruder und Schwester. Kommt mit, da seit ihr nicht mehr allein!"
Und sie dachte: "Da hat sie aber mal Recht, wenn ich alt bin, möchte ich unter Brüdern und Schwestern sein und eine große Familie um mich wissen!

Aber, als sei es noch nicht genug, hörte sie eine vierte Stimme: " Halt! Meine Idee ist die Beste! Lasst uns in den Süden ziehen, dahin, wo die Sonne immer scheint. Ich habe die Nase voll von dem ewig miesen Wetter hier, im Süden lebt es sich viele leichter, da können wir KUNST machen, zwischendurch Latte Macchiato auf einem Plaza trinken, auf dem Markt Gemüse kaufen und dann wieder KUNST machen. Die wahrhaft innovativen Menschen sind die KÜNSTLER! Kommt, lasst den Künstler in uns nicht sterben und gen Süden ziehen!"
Und sie dachte: "Mann, das ist aber mal eine Super-Idee, den ganzen Tag nur Kunst machen, das wollte ich doch schon immer und dann auch noch Sonnenschein und Latte auf einem Plaza … das ist cool!"
Derer weilen regnete es draußen, regnete und regnete und hörte überhaupt nicht wieder auf. Und vom ewigen Regen da draußen wurde sie so richtig schläfrig, dass ihr alsbald die Augen zufielen und sie selig und trunken vor so vielen neuen genialen Ideen einschlief.
Und so entging ihr die weitere Diskussion der anderen Mitreisenden, deren Ideen hitzig ausgetauscht wurden, als gelte es, dass Heiligste eines jeden mit alleräußerster Kraft verteidigen zu müssen. Sie aber schief.
 
Plötzlich … ein Ruckeln … sie erwachte jäh. Was war das? Sie schaute nach vorn zum Busfahrer … zu Seymore. Der aber einen gleichmütigen Gesichtsausdruck trug, obwohl da augenscheinlich irgendetwas mit dem Bus nicht in Ordnung zu sein schien. Die Diskussion erstach plötzlich und alle lauschten diesen ganz neuen Tönen. Pling … Pling … STOP … STOP … Seymore fuhr auf einen Rastplatz und hielt den Bus sachte am Rande einer Wiese an. Schaltete den Motor aus und öffnete die Türen. Alle Reisenden strömten hinaus und eine aufgeregte Stimmung verbreitete sich unter ihnen. Seymore öffnete gemächlich die Motorklappe und wandte sich an die anderen:
„Gibt es hier einen Mechaniker unter euch? Jemanden, der sich auskennt und die Sache hier einmal genauer untersuchen kann?"
Sie war noch immer ein wenig verschlafen und stieg als Letzte aus dem Bus, nahm nur eine Gruppe von Menschen wahr, die sich um eine geöffnete Klappe dieses Gefährts gruppierte und ganz konzentriert irgendjemandem zuzuhören schien. Ihr war alles eigentlich ziemlich egal, sie hätte jetzt auch genauso gut zu Fuß weiterwandern können. Was ging sie diese Panne denn schon an? War sie etwa angewiesen auf diesen Bus, auf diese Mitreisenden, die ihr der Zufall da beschert hatte? Sie setzte sich erst einmal auf einen großen Stein und beobachtete das Treiben, nahm sich einen Apfel aus der Tasche und biss ein wenig träge hinein. Die Sonne schien ihr ins Gesicht und sie genoss die warmen Strahlen. Von ihr aus könnten sie sie einfach da jetzt so sitzen lassen … jaaaaa …. das würde sie jetzt einfach mal machen … vielleicht gäbe es ja doch noch andere Richtungen als NordenOstenSüdenundWesten, dachte sie und träumte so vor sich hin.
(Fortsetzung folgt)

Samstag, 20. September 2014



Richte dich auf

Wenn alles reißt
Und die Hoffnung am Boden wimmert
Und die Sterne künden nur Entferntes
Dann richte dich auf
Trotz allem
Und schaue in die Welt
Du … bist es
Der die Türen öffnet
Du … bist es
Der da lächelt am Wegesrand



Suse aus Almanien

Sie hieß Suse und kaum aus Almanien. Das war ein Land einer anderen Welt, das kaum jemand hierzulande kannte. Sie hatte einen Propeller und auch einen Sender und konnte sich sogar mit geschlossenen Augen fortbewegen. Ihre Gestalt schien etwas plump und eigentlich bestand sie fast nur aus einem Kopf mit zwei Beinen dran, dachte ich. Doch konnte sie ihre Gestalt verändern und nie wusste ich genau, wie sie nun eigentlich aussah.
Ich kannte sie schon lange, mindestens aber zehn Jahre. Manchmal besuchte sie mich und wir pflegten eine enge Freundschaft. Der Weg aus Almanien war weit, aber ihre Propeller sehr stark. Und mit dem Sender fand sie mich, egal, wo ich mich auch aufhielt. Das war sehr tröstlich für mich, denn wenn es mir schlecht ging, brauchte ich sie manchmal ganz besonders dringend. Dann simste ich sie an, egal zu welcher Tages- oder Jahreszeit. 
Was aber, liebe Freunde, verband uns beide eigentlich? Warum hatte ich eine Freundin aus Almanien, einer den meisten Menschen sehr fremden Welt? Das ist eine lange Geschichte und ich will sie euch hier erzählen:
Eines fernen Tages, ich war noch beträchtlich viel jünger und meine Haare auch noch nicht so grau, liefen mir vor Kummer dicke runde Tränen die Wangen hinunter und ich vergrub mich in meinem Kummer und steckte den Kopf in den Sand. Plötzlich, es war wie ein leises Summen in meinem Kopf, schwebte da was sehr Kleines und sehr Ungewöhnliches heran. Ich dachte:
„Jetzt pass auf, du hast schon überirdische Erscheinungen! Das geht hier nicht mit rechten Dingen zu!“
Richtig, Freunde, Suse war ein überirdisches Wesen und hatte Mitleid mit mir. Sie kam, um mir zu helfen und aus aller Tristesse, die mich umgab, wieder herauszuhelfen. Ja, wie dies? Ganz einfach, sie beamte mich da wieder aus dem Loch heraus und gab mir frische Kraft. Ich fühlte mich dann auf einmal wie neugeboren und konnte doch nicht sagen, wie dies geschah. Ganz leicht wurde mir und meine Gedanken flogen freie Bahnen und meine Seele weitere sich aus. 
Nun fragt ihr sicher, ob es so eine Suse auch für euch geben könnte und wie man sie kennen lernt. Im Katalog kann man sie jedenfalls nicht bestellen, im Supermarkt nicht kaufen und bei Ebay nicht ersteigern. Dazu braucht man den Zufall. Und wie ihr wisst, kann man den Zufall auch nicht herbeizwingen. Das klappt einfach überhaupt nicht. Wie denn? Loslassen ist das Rezept. Ein wenig Elend kann auch nicht schaden. Und sich von Gold und Geschmeide nicht verleiten lassen, auch. Man braucht eine gewisse Stille um sich herum und muss flexibel sein. Dann, vielleicht, kann es schon mal passieren, dass so eine Suse aus Almanien eure Wünsche vernimmt und sich mit Hilfe ihres Propellers und Senders auf den Weg zu euch macht. Wundert euch also nicht.



Goldene Hände

Illusionen zerfließen wie flüssiges Gold
Das mir durch die Hände rinnt
Und so wie es mir zerfließt
Werde ich verwandelt
Und was bleibt
Ist eine dünne goldene Schicht
Die meine Hände überzieht


Alwine

Alwine war ein wenig fischig. Peinlich, aber wahr. Aus ihrem langen Mantel, den sie stets sorgsam überzog, sah man immer ihre Gräten heraushängen. Die Flossen hingen auch schlapp herunter.
Doch ansich ist das ein wenig fischige Dasein ja etwas sehr Schönes, nicht wahr? Dieses im frischen Wasser schwimmen können, sofern es denn auch frisch ist. Dieses sich wie ein Fisch fühlen … eben. So mal mit dem Strom und auch mal gegen den Strom. So dies zwischendurch mal Luft schnappen und dann wieder ab die Strömung rauf und runter.
Doch Alwine bewegte sich dann doch auch manchmal an Land. Ja, wirklich, sie konnte das. Das ist kein Märchen. Allerdings war da ihr Gang leicht unbeholfen. Doch Hauptsache, sie kam voran. Und auf Land trug sie dann eben auch immer diesen ziemlich großen Mantel, setzte sich schon auch mal ne Perücke auf und ging inkognito.
Doch in letzter Zeit war sie bis auf die Gräten abgemagert. Leider, muss man sagen. Sieht ja nicht so schön aus, wenn die Gräten einem aus dem Mantel hängen. Wieso dies passieren konnte, wollt ihr wissen? Naja, Sorgen hat ja jeder, also auch Alwine. Doch war sie vielleicht besonders anfällig für so ungünstige Schwingungsenergien im Wasser.
Jedenfalls fragte ich all meine Freunde, ob sie Alwine nicht einmal ein wenig unter ihre Fittiche nehmen könnten. Sie tat mir nämlich Leid. Wirklich, das war nicht mehr schön anzusehen. Und nun bleibt nichts anderes mehr als abzuwarten, ob die Freunde sich auch regen würden. Solange würde Alwine einfach ihren Mantel ein wenig enger schnallen!



Karl, der Brecher

Er hieß Karl Kersten und war ein Brecher. So, wie es im Buche steht. Ein wenig plump von Gestalt, klein und mit wenig Haar auf dem Kopf, aber durchaus einigem Gewölk darinnen. Er war bekannt in der gesamten Gemeinde dafür, alles zu bekommen, was er wollte. Warum dies? Nun, Karl, brach durch Wände. Er nahm Anlauf und schnaubte, wie nur Stiere es tun. Um ihn herum eine Staubwolke, die seine Umgebung in Nebel hüllte. Ich hörte Kieselsteine fliegen.
„Nein, das schafft der nie! D i e Wand ist zu stark!“
Nun, ich hatte mich getäuscht. Schon flogen die ersten Fetzen, Metall berstete und ich befürchtete das Schlimmste.
„Das kann niemand unbeschadet überstehen“, dachte ich. „Und wieso überhaupt tut er dies?“
Dazu muss man wissen, dass diese Mauer keine einfache war, wie du sie findest als Kirchhofsmauer oder um deinen Hof herum. Nein, diese Mauer war die seines Kerkers und trennte ihn von der Freiheit. Karl saß ein, wie man so schön sagte und die Leute munkelten, er säße schon recht lange und das sei ein Dilemma, ein Unrecht sei ihm geschehen. Ich sah dem Treiben von weitem zu und staunte. Wie konnte so ein Kerl so eine Mauer durchbrechen? Nun, dazu muss ich eine kleine Geschichte erzählen: 
Tagein, tagaus saß Karl an seinem kleinen Fenster hinter Gittern und beobachtete die Möwen, die da segelten am Himmel und zogen ihre Bahnen hoch über ihm. Sehnte sich nach Freiheit gleich der, die dort oben w e i t über allem Elend zu Hause und frisch wie eine Prise Meeresluft war. Und weil er immer nur dieses eine Schauspiel aus der Zelle seines engen Kerkers beobachten konnte, wurde das Sehnen so groß, dass übermächtige Kräfte ihn bemannten und er starken Willens wurde, so frei wie die Möwen am Firmament zu werden. 
Ja, so war das damals mit Karl und wer ihn nicht kannte, hätte es nicht geglaubt. Aber der Wille zur Freiheit ist eben doch so groß, dass einem überirdische Kräfte wachsen können als Rüstzeug, das man braucht, um sich zu befreien. 
Ach, im Übrigen, Karl verletzte sich nicht.
 



Flügel umschnallen

Links herum, rechts herum
Und dann im Sauseschritt
Sie wirbelte viel Staub auf
Und kam doch nie vom Fleck
Einfach wieder umschnallen, die Flügel
Und ein wenig wedeln
Nein, noch nicht abheben
Ja, nur ein wenig wedeln
Um zu fühlen
Wie es ist
Das FLIEGEN
Davon



Wind

Wenn die Winde wehn über die Äcker, dann scharen die Menschen sich zusammen und wärmen sich am heißen Ofen, trinken einen Tee und reden:
"Wieso ist es so windig?"
"Dieser miese Wind, könnte es nicht mal wieder windstill sein!"
"Ich kann nicht atmen bei diesem Wind!"
Doch der Wind selbst hat seine Freude am Wehen. Er saust mit Bravour über die Felder und lacht sich ins Fäustchen ob der kleinlichen Stimmungen der Menschen.
Höre einfach auf, den Göttern zu zürnen, denn sie tun ohnehin, was ihnen gefällt.


Der Traum vom Vater

Karma Sang, Tochter des Genpo, stieg auf ihren Maulesel, der vor der Hütte gemächlich in der Sonne auf sie wartete und folgte dem schmalen Pfad durch den Wald. Der Weg war beschwerlich, die Regenzeit, eben zu Ende gegangen, hatte alles aufgeweicht. Am Wegesrand sah sie ihre Nachbarn, die dort auf den Feldern arbeiteten und ihr zuwinkten. Doch heute wollte sie nicht aufs Feld, sondern in den nächsten kleinen Ort, um ihren Vetter zu besuchen und um Rat zu bitten, denn es war etwas passiert im Leben von Karma Sang. Karma Sang hatte geträumt von ihrem Vater, der schon vor etlichen Jahren verstorben war. Ihm im Traum zu begegnen, hatte sie sehr nachdenklich gemacht und auch ein wenig traurig. Und so wanderte sie über aufgeweichte Wege und bedachte das, was ihr Vater ihr mitgeteilt hatte.
"Karma Sang, ich mache mir Sorgen um dich! So geht es nicht weiter mit dir!"
"Aber, Vater, was meinst du? Ich weiß nichts anzufangen mit deiner Sorge!"
"Karma Sang, meine teure und kostbare Tochter, Erstgeborene und enge Vertraute deiner Mutter, geliebte Anvertraute von mir seit langen Zeiten, ich mache mir Sorgen, weil ich sehe, dass du zu gutgläubig geworden bist. Sicher, meine Tochter, es ist ein ehrbares Ziel, das Gute in jedem Menschen und ihren Absichten zu sehen, selbstlos zu handeln und dein Hab und Gut zu verschenken an die, denen es mangelt an diesem und jenem. Aber, Karma Sang, meinst du, ich sehe nicht, dass deine eigenen Vorräte fast verbraucht sind? Meinst du, ich weiß nicht, was Du EIGENTLICH brauchst? Du bist eine fleißige und mutige Frau mit vielen Talenten vom Allerheiligsten persönlich verliehen, aber was dir fehlt, Auge meines Lebens, ist ein Mann, der dir zur Seite steht. Es schmerzt mich zu sehen, dass du Tagein, Tagaus nicht weißt, was der nächste Tag dir bringen wird. Dass deine Freunde dir fern und dein Haus leer. Mehr Freude, Tochter, wünsche ich dir und ein gastfreundliches Haus, frohes Singen und gemeinsames Sitzen um den großen Herd mit einer Mahlzeit, die Körper und Seele gleichzeitig nährt, Gespräche und Kinderlachen, das ist es, was Du bräuchtest. In aller Bescheidenheit, Karma Sang, Erstgeborene und Tochter meiner ewig Geliebten, so geht das nicht weiter mit dir!“
"Aber, Vater, wie sollte mir das gelingen? Ich weiß wohl, was mir fehlte, doch sag, welches sind die Schritte, die ich zu gehen hätte. Wüsste ich die, so wäre mein Leben schon längst ein anderes!"
"Karma Sang, es ist doch ganz einfach! Öffne dein verschlossenes Herz! Was kann dir denn passieren? Warum hast du so viele Mauern um dein Herz gebaut? Öffne es wieder und danach wird all das geschehen, wonach du dich sehnst!"
Doch wie sollte Karma Sang dies nur machen? So wusste sie sich keinen anderen Rat, als mit ihrem Maulesel zu ihrem Vetter in den nächsten Ort zu reiten. Dieser machte ihr auch sogleich seine Tür weit auf und bat sie, sich zu ihm ans Feuer zu setzen. Und als Karma Sang ihm ihre Geschichte erzählte, nickte er bedächtig mit seinem Kopf und dachte in aller Ruhe nach. Schließlich hob er seinen Blick und richtete ihn auf seine geliebte Cousine.
"Geliebte Cousine, ich sage dir dies: Bringe dein Herz zur Ruhe, richte deinen Blick zur Sonne, atme tief durch und lasse fahren all dein Misstrauen und all deine Angst dahin. Du WIRST versorgt werden, denn DU WIRST gesehen! ALLES hat seine Zeit und ALLES folgt einem wohl durchdachten Plan. JETZT bist du allein und deine Vorräte reichen nicht für ein großes Gastmahl, denn … du musst IN DICH gehen! Durch dich sollen die Werke des großen Herrn offenbar werden und dafür brauchst du diese Zeit. Sorge dich also nicht und vertraue darauf, dass die Zeit sich wird wandeln. Eines Tages wirst du finden all das, was du ersehnst seit langen Zeiten. Und die Mauern werden in sich zusammenfallen wie die Sandwälle, die vom Winde verweht."
"Ich danke dir sehr für diese weisen Worte! Nun werde ich zurückkehren und mein Tagwerk in aller Bescheidenheit erledigen."



Rebell sein

Sehnsucht nach Befreiung
Unseres Knastes, in dem wir hocken
Und das Schauen auf unsere
Väter und Mütter
Die uns keine Vorbilder gewesen
Es ihnen nicht gleich zu tun
Sondern Besseres zu wagen
Als sie es je taten
Denn wir sind noch immer
Die Rebellen von damals
Die alles anders wünschten
Und die brachen
Mit den Gesetzen
Der Alten und Tumben
Es ist nie zu spät
Für die Revolte
Für die wir schon immer kämpften
Aufbruch zum Ungehorsam
Aufbruch zum NEIN DANKE, ICH NICHT



W U T
 
Du gehst zu der Gelegenheit und hast dich gut im Griff, du wahrst den nötigen Abstand und gönnst dir dann aber eine Pause. Du lässt alles zu und gibst alles und fragst nicht, was du darfst und fragst nicht, was zählt und fragst nicht, was Moral ist und fragst nicht, was ansteht. Du versuchst ehrlich zu sein ... grundehrlich und weißt trotzdem, dass du lügst und dass dein Leben ein wahres Lügengebäude ist und alles nur zusammenhält, weil du immer noch halbwegs gut funktionierst. Aber lass bitte schon mal ein paar Mauern fallen. Und lass bitte schön mal deine Wut zu. WUT
Ich aber habe Angst vor der Wut. Sie SCHREIT mich an und ich möchte sie am liebsten ins Gefängnis stecken.
WUT. Ich wüte. Haach, ich denke, ich wüte, aber ich trauere. Du bist nicht da und warum? Ich seufze. Ja, das ist traurig. Hör mich. Zu mir bitte komme. Komme. K O M M E . Hör mich. Du existierst? Ja, du existierst. Ich kann es fühlen. Ich höre das H E R Z . Zu mir komme, mein HERZ. Ich atme wild.  Unberechenbar. Und ich will fliegen. Du fehlst mir … du DU D U DUU. Du bist nicht da. Es ist furchtbar. Du fehlst mir. DU. Wer ist DU? DU bist mein Herz. DU fehlst mir. Ich suche dich. Du bist nicht da und warum? Ich weiß nicht, warum. Wo bist du? Kommst nicht. Ich weine WEINE  W E I N E . 




DOCH
Trauer
DOCH
Ist da
In aller Bescheidenheit
Und wehrt sich
In aller Bescheidenheit
Möchte ihren Platz
Möchte ihr eigenes Leben
Jenseits des Offenbaren
Jenseits der Grenze
Zum guten Ton
Zur gezeigten Höflichkeit
Zum Smalltalk zwischen Insidern
Und kämpft um ihr SEIN
Um ihr DA-SEIN-DÜRFEN
Und ihre SCHÖNHEIT



Tröstliche Geschichten von Karma Sang und Döndap

Döndap, ein zutiefst menschlicher Mann, sich jenseits aller Welten Begreifender und Karma Sang, eine mit allen Bereichen der schönen Künste Vertraute, zu inneren Schätzen gewachsene Frau. Bald ein Drittel eines Menschenlebens bedurfte dieses Reifen und doch waren sie sich jenseits dieses Lebens schon einmal begegnet. Hüter des heiligen Grals berichteten von einem Mysterium nicht gekannten Ausmaßes.
Als Kämpfer gegen jegliche Obrigkeit fanden sie schon damals ihren zweifelsohne schmalen Pfad. Das Ende blieb im Dunklen und Geschichtenschreiber entsannen sich nicht.

Karma Sang wollte wissen, wie Döndap sich entschieden und wanderte in den Stall zu ihm, wo er wie sonst die Schafe fütterte. Doch sie traf einen zutiefst Erschütterten, der sich hingehockt die Arme umschlungen hin- und herwiegte.
"Döndap, was ist mit dir?"
"Karma Sang, mir ist eine Erscheinung gekommen!"
Karma Sang wusste, dass Döndap die Wahrheit sagte und setzte sich zu ihm, um ihm zuzuhören.
"Mir träumte, die alte Welt ginge unter und eine neue entstünde. Ich sah das Licht am Ende dieses Tunnels, in dem ich mich seit geraumer Zeit immer wieder befinde. Karma Sang, du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich mich fürchtete. Die Schafe können es bezeugen. Und als ich meinte, daniedersinken zu müssen vor Pein, fühlte ich eine beruhigende Hand auf meiner Schulter liegen und eine Stimme sagte zu mir: "Sei getröstet, Döndap Sohn, du wirst auferstehen aus diesem Elend!" "Karma Sang, was sollte ich sagen, ich wusste doch selbst nicht, WIE dies geschehen könne. Doch da spürte ich wieder diese Hand auf meiner Schulter und so wusste ich, ich würde diesen Weg gehen können!"
Karma Sang runzelte die Stirn, sie verstand nicht: "Welchen Weg, Döndap? Was meinst du?"
Döndap hob müde seinen Blick zu ihr empor und sah sie lange an: " In die Helligkeit, Karma Sang, und in die Herrlichkeit!"


Karma Sang sank danieder und stöhnte: " Ach, wenn doch alles anders wäre!"
Döndap, der ihr Stoßgebet hörte, setzte sich neben sie und nahm ihre Hand in seine.
"Karma Sang, seufze nicht! Schau, du hast doch alles, was du brauchst! Begehre nicht das Glück der anderen! Derer, die da reisen an diesen oder jenen fremden Ort. In deinen Träumen doch reisest du eben wie sie!"
Karma Sang sah ihn skeptischen Blickes an: "Döndap, was meinst du, ich verstehe nicht!"
"Schau, Karma Sang, sind es nicht Reisen, die du machst?! Wo reisen deine Gedanken denn hin, wenn du dort so still verharrst in deiner wärmenden Ecke?"
"Ach, Döndap, weit, weit reisen sie. Dorthin, wo Sand und nichts als Sand über die Weite weht und kein Strauch das Auge am Horizont erblickt. Dort sitze ich dann in der Wärme des sich neigenden Tages und wühle mit den Füßen in dem rieselnden Etwas, das mich umspielt. Döndap, es ist sooo schön dort und ich möchte nichts anderes als dort sein!"
"Und nun, Karma Sang, schließe die Augen und verweile ein wenig dort, wo du in Gedanken hinreistest. Genieße die Wärme auf deinem Haupte und umfasse mit deinen Armen die meinen. Du bist doch nicht alleine dort in dieser Oase des Abendsonnenunterganges."
"Ach, Döndap, du bist mein Strahlen, meine Sonne, mein Leben und Halt. Wie konnte ich nur so zweifeln und mich sehnen nach fremder Menschen Glück!"
 
Karma Sang ging, wie es so ihre zarte Art war, nie so weit, den Menschen in ihrem Hofe die ungeschminkte Wahrheit ins Gesicht zu schmettern. Zwar waren ihre Gedanken auch einesteils optimistischer Art, wenngleich andererseits sie es immer häufiger zu deprimieren schien, dass so wenig Festigkeit im Bemühen der anderen ihres Hofgesindes vorhanden war. Wussten sie denn nicht, dass das Schaffen guten Karmas auch von dem Bestreben abhing, außer Gutes für die anderen zu tun, sich selbst unter sein eigenes strenges Lernregiment zu stellen? Nein, das waren nun nicht immer die großartigen Taten des Ruhmes, sondern so hie und da ein kleines sich Entwickeln, hie und da ein ringendes Üben. Was erwarteten die Hofbewohner, wenn sie sich stets ablenken ließen von Gold und Geschmeide und dem genüsslichen Leben, dem sie zu frönen schienen? Nein, Karma Sang war tief enttäuscht über so allerlei Müßiggang und faulem Sein.




Schubs mich an 

Nein
Nehme mir nicht meine Achtung vor mir selbst
Nein
Hilf mir auch nicht, mich selbst zu bedauern
Ja
Schubs mich an
Dass ich lerne selbst zu laufen
Ja
Mach mir Mut
Dass ich mich traue zu strahlen




Weiße Mutter

Der Zug der weißen Vögel
Die am Himmel ihre Bahnen ziehen
Überirdisch glänzend ihr Gefieder
Geistwesen gleich
Ihre Form verlierend

Ich denke an meine weiße Mutter
Deren Namen ich nicht kenne
Und die mich führt und geleitet
Durch die Untiefen, die da auf mich warten

Die Untiefen
Die ich wohl wahrnehmend
Einfach hinter mir lasse
Um vorzustoßen zu jenen Welten
In denen Goldschätze innerer Art
Auf mich und die anderen warten
Das Dunkle hinter mir lassend
Dem Lichtvollen entgegen.

Das Blau des Himmels ist unendlich
Und ich fliege mit meinen unsichtbaren Flügeln
Über alles, was so profan
Um die weiße Mutter zu
UMARMEN







Die Geschichte vom JA und vom NEIN

Da reckte das JA seinen langen Hals empor und sagte: JA … ICH WILL! Gut und schön. Bis das NEIN entlangstolzierte und dick und fett und bräsig  die Arme in die Hüften stemmte und mit aller Entschiedenheit: "NEIN!" sagte. Da bekam das langhalsige, schmale und elegante JA einen gehörigen Schreck und zog seinen langen Hals wieder ein. Duckte sich und schlang die Arme um die Beine. Bewegte sich hin und her und vergoss ein paar heimliche Tränen. Das dicke fette NEIN, eigentlich in der Regel recht dickhäutig, guckte mit schiefem Kopf und wägte ab. Ging schließlich zu dem JA und zog das Knäuel wieder auseinander. So weit, dass es ganz breit und nicht mehr so langhalsig war. Und als es dann sein leises JA hauchte, fühlte es sich schon wieder ein wenig wohler. Und als es dann von dem NEIN freundlich angeschaut wurde, kam aus dem Munde des zarten JA ein rundum zufriedenes … selbstloses … J A



Die Arme heben

Fortfliegen
Sagte sie
Und klebte doch am Boden
Die sogenannten Sachzwänge
Immer die
Immer die
Und die Feigheit
Und die Faulheit
Und die versammelten Ängste
Alles zusammen
Unzumutbar

Einfach anders sein
Und die Arme heben
Und
FORT FLIEGEN
Das wär’s!


Vereint sein

Wir waren vereint EINST. Und ich sah dich. Und du mich. Aber das Wetter war rau. Und die Wogen schlugen hohe Wellen. Ich tauchte unter … manchmal … bekam keine Luft. Strudelte so im Nass des Lebens. WIESO schwammen wir nie gemeinsam? 
Und so war das, was geschah, ENTSETZLICH. Es dauerte mich. Es machte mich TRAURIG. So wie es dich TRAURIG machte. VERELENDUNG auf ganzer Linie.
Es würden jedoch Zeiten anbrechen, in denen wir dies alles überwunden haben würden, sagte ich mir ... immerzu ... immerzu. JA, so würde es sein ... sicher .... bestimmt ... klar doch. Na sicher ... S I C H E RRRRRRRRRRRR ......... 



Ziegen-Disco                    

Stehen zwei Ziegen vor der Tür einer Disco. Sagt die eine:
"Kommst du mit rein?" Sagt die andere:
"Nee, ich hab keinen Bock!"
"Ja, wenn's das nur ist, ich hab ja auch keinen! Schauen wir mal, was für Böcke sich da drinnen tummeln, vielleicht ist ja einer dabei!"
Gesagt, getan. Die beiden Ziegen, frisch abgespritzt, gebürstet und ihr Euter eingefettet zahlen Eintritt und wagen sich in die Höhle der Ziegenböcke hinein.
" Hach, wie es hier drinnen nach BOCK duftet!"
Sie laufen erst einmal an den Getränke-Automaten und zapfen schnell ein wenig Antialkoholisches und betrachten das Treiben in der Umgebung. Herausgeputzt die anderen Ziegen! Gegeelte Bärte, gelackte Hörner, gepiercte Ohren und sogar in manchem Euter findet man derartigen Schmuck. Auch Euter-Tätowierungen scheinen in Mode gekommen zu sein. Und die Blöcke, wie sie so um die Wette grunzen, da hört man dann das Meckern der Weiber zum Glück nicht mehr ganz so laut. Aber einen Gestank verbreiten diese Grunzer, nicht auszuhalten! Vor lauter Gegrunze scheint ihnen ihr Hirn sonstwohin gerutscht zu sein. Sagt die eine Ziege, Luise heißt sie:
"Sag mal, gefällt dir hier irgendein Bock?"
"Hmmmh, nee, eigentlich nicht. Zu dicke Klicker und … ist irgendwie nicht mein Ding, wie sie da so grunzen und mit ihrem Schwanz wedeln und ihren Hufen scharren, als wenn sie gleich nen Bock-Sprung machen wollten. Komm, lass uns gehen!"
"Nee, wart mal, Elfriede! Da hinten in der Ecke, da hockt so ein Bock, DER könnte mir gefallen!"
"DER da mit der Zeitung und diesem spöttischen Blick? Der scheint doch gar nicht interessiert zu sein an Ziegen-Weibern!"
"Jaa, das finde ich ja gerade so spannend! Den muss man wahrscheinlich erst erobern, da muss man sich anstrengen, da brauchst du mehr, als nur dein Euter zu zeigen, um dem zu gefallen! Komm, lass uns mal was probieren!"
So laufen die beiden erst einmal zum Ziegen-Klo, das sich im Hintergrund befindet und beratschlagen sich. Kommen wieder heraus und schleichen sich zum Zeitung lesenden Ziegenbock und tippen kurz an sein Horn.
"Hallo! Wir haben gesehen, dass Sie hier Zeitung gelesen, das hat uns gefallen! Wir wollten Sie fragen, ob wir Ihnen etwas vortanzen dürfen?"
Irritiert hebt der Ziegenbock mit diesem intellektuellen Touch den Kopf und schaut auf die beiden Ziegen. Ein lautes Bock-Lachen ist die Antwort. Warum? Na, ganz einfach. Die beiden Ziegen haben sich ausgezogen bis auf ihre Unterwäsche und aber, das Reizende daran, mit einer roten Clownsnase auf ihrer Schnauze.
"Na, dann beginnt man mal, ihr beiden Ziegen-Täubchen!" lautet seine spöttische Antwort.