Dienstag, 7. September 2021


Über die Liebe im Alter



Die Liebe im Alltag

Er hieß Hans Hansen oder Peter Petersen, ich weiß nicht mehr so genau, es ist schon so lange her. Jedenfalls erinnere ich mich aber daran, wie er war. Da war so eine Art an ihm, die mich bis in Herz rührte. Dieses Aufmerksame, dieser Blick, mit dem er mich, manchmal unvermittelt aus heiterem Himmel, ansah. Dann war er so ganz und voll da, so schien mir, so ganz dicht da. Ich spürte ihn nur in seinem Blick, ja, nur in diesem seinem Blick. Und dann, ich weiß noch, wir standen, glaube ich, im Flur am Fenster, die milde Spätnachmittagssonne schien schon etwas golden um die Ecke, nahm er so sachte meinen Arm und hakte sich unter und wir betrachteten den Abendhimmel. Ja, alt waren wir schon geworden, ja, der Lack schon längst ab. Jeder mit seinen Gebrechlichkeiten, jeder mit seinen Eigenheiten.
Dann dieser unvergleichliche Klang seiner Stimme. Manchmal genügten zwei Worte und alles war wieder da. ALLES. Als wär nie etwas dazwischen gewesen. Dieser liebevolle, weiche Klang … voller Melodien, die ich im Inneren erahnte. Ein Mensch, aus der Asche eines unglaublichen und unerbittlichen Schicksals wieder entstiegen und alles, aber auch alles in Gold und Edelsteine und tiefe Menschlichkeit gewandelt. Ein Guter. So voller Verständnis für die Schwächen eines jeden, ja, er selbst ... der Schwächste unter ihnen. Damals.
Oder dies. Ich glaube, ich stand in der Küche, es war so eine Bauernküche mit blaugrün lasierten Holzmöbeln, ein wenig an Skandinavien erinnernd und wärmte mir noch einen Teller Suppe vom Vortag auf. Er kam zur Tür herein, der Staub klebte noch an den Ärmeln seines alten abgewetzten Wollpullovers. Was er eigentlich wollte? Ich weiß nicht mehr. Jedenfalls ging er so ganz dicht an  mir vorbei, streichelte nur einmal ganz leicht mit seinen Händen über meinen Arm, sah mich schelmisch an und verschwand wieder. Was alles in diesem Blick steckte! Vielleicht die Erinnerung an unsere letzte Nacht, vielleicht die Vorfreude auf einen Klamauk, den er plante, um mich zu überraschen. Ich war ja immer so gutgläubig und nahm damals alles für bare Münze. Mir konnte man ja das Blaue vom Himmel erzählen, ich fiel auf alles herein.
Nun, so gab es immer und überall so kleine liebevolle Aufmerksamkeiten, die das Leben so heiter machten. So wieder heiter. So erträglich. So wieder erträglich. So weich. So wieder weich.
Ich hatte doch immer nur gearbeitet. Immer nur alles weggearbeitet. Jeden Schmerz, jede Niederlage und jede Schmach. Aber er … ER … hatte mich wieder weichgemacht. Damals … ist schon lange her.




Eine feine und leise Liebe im Alter

Sie lebten in einer ganz kleinen Hütte im Einklang miteinander. Waren leise. Sprachen ihre eigene Sprache. Man spürte den Frieden. Sie taten nur kleine Dinge. Er war für den Abwasch zuständig, sie für das Kochen. Er brachte die Mülleimer raus, sie putzte. Er las ihr aus der Zeitung vor, sie strickte. Er lag auf dem Sofa und hörte Musik, sie las Biografien. Er machte einen kleinen Rundgang, sie auch. Sie bastelte drinnen herum, er klüterte draußen. Sie fand immer vierblättrige Kleeblätter, er nicht. Er bestellte immer etwas aus dem Katalog (elektrischer Eierkocher zum Beispiel, der dann aber doch nicht benutzt wurde), sie fuhr ins große Kaufhaus und probierte Kostüme an und tat so, als wenn sich alles nur um sie drehen würde. Er sang Lieder und hatte eine wunderbare Stimme und sie spielte schief auf ihrem Instrument. Er war ein sturer Bock und sie ne rassige Alte mit saftigem Humor. Und es war einfach wunderbar, mittags zu ihnen zu kommen und die Pfannkuchen in viel Butter gebacken zu verspeisen. Ja, es war so gemütlich bei den beiden, weil sie so gut miteinander leben konnten und man über sie sagte: „Also, die beiden genügten ja sich selbst. Die brauchten ja eigentlich gar keine anderen Menschen. Deren Liebe war wirklich groß!“ Natürlich brauchten auch diese beiden andere. Den Postboten zum Beipiel oder den Kaufmann. Damals gab es ja noch keine Biosupermärkte oder das Internet, über das man den ganzen Papierabfall sparen konnte. Vielmehr aber auch nicht. Doch alle ANDEREN kamen immer so gern zu ihnen. 




Die zwei Alten auf der Bank

Sie entdeckte die beiden ganz ZUFÄLLIG. Saßen da auf der Bank und schauten in die Weite. Worte waren überflüssig. Es war alles gesagt. Hundertfach. Ein Hund kam vorbei und setzte sich zu ihnen, bettelte um Aufmerksamkeit und schaute die beiden mit schiefgestelltem Kopf an. Die Frau nahm etwas aus der Tasche und gab es dem Hund. Tauben flogen vorbei, alle grau. Und ein Spatz pickte die Reste von Krümeln auf und flog vondannen. Das Herbstlaub hatte sich schon verfärbt und fiel sachte zu Boden. Eigentlich ganz idyllisch.
Der Mann nahm eine Thermosflasche mit Tee und goss einen Becher voll ein … für sie und für ihn selbst. Sie nahm den Becher und trank einen Schluck und blickte auf den Hund. Die STILLE war greifbar.
Doch nun schwenkte die Kamera herum und fing alles andere auf. Baumaschinen, LKWs, schreiende Männer, ratternde Geräte, hupende Pkws, eine Mutter, die nach ihrem Kind rief, grölende Jugendliche, offensichtlich betrunken, fremde Sprachen, keifende Alte, ein knatterndes Motorrad und die Straßenbahn, die kreuzte.
Er machte die Thermosflasche wieder zu und bot ihr ein Stück Schokolade an. Schaute auf den Hund, der sich zu ihren Füßen niedergelegt hatte. Ein Entenpaar watschelte vorbei und pickte die letzten Krümel auf. Die Frau legte die Hand auf den Arm des Mannes und verweilte dort. Lächelte. Schien sich an irgendetwas zu erinnern. Der Mann sah sie an, runzelte die Stirn, als frage er sie, worüber sie denn so lächelte. Da sagte sie nur:
"Du alter BOCK!"
Und plötzlich brachen beide in schallendes Gelächter aus, dass den schreienden Kindern, den grölenden Jugendlichen und den keifenden Alten vor Schreck die Kinnlade herunterfiel und ihnen kein Laut mehr über ihre Lippen kam.







Und plötzlich Lutz

Er haute sie komplett aus den Socken. Sah zwar noch immer so aus wie sie ihn auch erinnerte, doch war das Bild verschwommen gewesen und eine Berührung auf der Haut konnte man auch durch den Telefonhörer nicht wirklich fühlen. Dass ein paar Falten dazugekommen waren, nun, das fiel kaum auf. Und wie manche alternden Männer immer grau und grauer wurden innerlich, war Lutz genau dies nicht passiert.
Viola sehnte sich nach reinen, leuchtenden und sauberen Farben. Nach einer Beziehung mit Gefühl, nach Berührung und Nähe. Wie, wusste sie auch nicht, das war noch eher diffus. Nun aber war er da und plötzlich wurde das körperlich und unberechenbar männlich. Ein wenig wild. Da hieß es aufpassen und den Boden unter den Füßen nicht verlieren. Und da sie sich am sichersten fühlte, wenn sie dann HINTERHER schwärmen konnte, wie extrem wahnsinnig erotisch die Berührung hinten im Nacken gewesen war, als er mal eben kurz zart drüberstrich, war sie nun blöd dran. Denn er war ja wieder weg. Ja wirklich, elektrisch war es gewesen und eigentlich hätte sie schnurren mögen wie ne Katze, der man über's Fell streicht. Doch das verbot sie sich. Da fiel ihr wieder diese kleine Szene ein.
Stellen Sie sich einfach einen kleinen Provinz-Strand irgendwo an der Ostsee vor und wie eine Frau von einem Mann aufgefordert wird, mal eben über seine Beine auf seine Schultern zu klettern und dann irgendwann dort oben mit dem Kopf in luftiger Höhe von gefühlten vier Metern freihändig zu stehen. So geschehen und Viola staunte nicht schlecht, dass sie sich das noch traute nach so langer Zeit. Ja, damals vor dreißig Jahren, da hatten sie das auch getan. Trainiert für eine sehr besondere Theater-Aufführung. Er der Theater-Direktor und irgendwo gab es noch so ein sehr süßes Schwarz-Weiß-Foto von ihr mit Locken-Perücke, Clowns-Nase und gestreiftem Shirt. Jedenfalls stand sie nach langem Zögern dann da oben aufrecht und breitete die Arme wie Flügel aus und die umherliegenden Strandgänger schauten wohlwollend applaudierend zu. Ja … doch … war schon schön, mal wieder so etwas zu erleben. Wann erlebte Frau das schon mit Mitte Fünfzig, dass ein Mann ihr sagte: „Los, hopp, komm auf meine Schultern!“
So vieles bei ihr war noch mit kleinen Schrecken verbunden. Oh Gott, er fasst meinen Fuß. Oh Gott, er riecht an meiner Sandale. Oh Gott, er schnuppert in meinem Nacken. Oh Gott, er umarmt mich. Oh Gott, er ist so animalisch. Wusste er denn nicht, dass sie unberührt war seit langer Zeit? Sicherheitsabstand mindestens ein Meter. Ein wenig spröde die Kleine und wie das gekommen war, wusste sie auch nicht. Schlechte Erfahrungen vielleicht mit Menschen, die die Grenze nicht hatten wahren können.
Sie kennen das sicher … nach langen Entbehrungen hauen Sie schon die kleinsten Erfreulichkeiten um. Und so stellen Sie sich das bitte auch vor mit der kleinen zarten Berührung hinten bei ihr im Nacken. Ja? Können Sie das? Mehr muss manchmal gar nicht. Reicht schon, dies Kleine. Glauben Sie mir.
Alles andere, die Fahrradtour, der Besuch auf dem Hof, die Heimat und das Sein am Wasser gehörte mit zu den erfreulichen und nicht selbstverständlichen Erlebnissen. Denn das kannte sie auch anders und wie oft hätte sie am liebsten gesagt: „Halt doch einfach mal die Klappe!“
Umarme mich einmal wieder, mein Freund, es war wunderbar dort am See mit dir auf diesem Stein. Und auch, wenn ich dir vieles nicht sagte, so tat ich es doch nun.



Wie fängt man eine Ziege?

Susanne war ja eine Frau. Zweifellos. Und eine Ziege. Zweifelsohne. Liebenswürdig schon, aber eben zickig zumeist.
Doch wie ließen sich Ziegen nun im Allgemeinen einfangen? Hier ein paar Tricks:

Nr. 1: Sag ihr, dass du sie liebst.
Nr. 2: sieht aus wie Trick Nr. 1.
Nr. 3: besteht darin, sich eine samtweiche Stimme anzulegen. 
Nr. 4: Tu so, als wenn du die Frau ernst nimmst! 
Nr. 5: Trete dem Fan-Club dieser Frau bei und vermittel ihr das Gefühl, dass du alles an ihr toll findest. Akzeptiere jeden Fehler, schau über offensichtliche Schwächen großzügig hinweg und ignoriere unüberwindliche Differenzen konsequent.
Nr. 6: Sag ihr, dass du auf sie scharf bist und das schon seit längerem, obwohl du es ihr noch nicht gestanden hast.
Nr. 7: Bring sie zum Lachen, sodass ihr bescheidenes Leben sich nicht mehr so bescheiden anfühlt.
Nr. 8: Sei geistreich, erzähle ihr tolle Geschichten und tu so, als wenn dich Poesie brennend interessiert.
Nr. 9: Reagiere schlagfertig auf all ihre Zickereien, überrasche sie, sei immer wieder anders und vermittle ihr das Gefühl, dass du sie bei aller Freiheit und bei der gaaanz langen Leine, die du ihr anlegst, voll im Griff hast. Und
Nr. 10: Sei ein guter Ziegenstallbauer, in dem sich Ziegen einfach rundum wohl fühlen, lege ihnen einen Lorbeerkranz um, singe ihnen schöne Lieder und gib ihnen stets nahrhaftes Futter.



Ihre zärtlichen Hände

Sie nahm immer, wenn ich die beiden während des Essens beobachtete, so zärtlich seine Hand. Da war so ein leichtes Schweben in ihrer Bewegung. In der Bewegung ihrer Hand, meine ich. Und dann führte sie diese Hand so leise und zart an seine Wange und näherte sich mit ihrem Gesicht seinem. Ein mildes Lächeln lag auf ihren Zügen und man spürte diese Wärme. Diese große Wärme  zwischen den beiden. Um die ich sie beneidete, aber das gab ich nicht zu. Und dann redete sie mit den anderen, über dies und über das und dann sah ich immer noch ihre Hand da liegen. Ihre Hand auf seinem Bein. Unter dem Tisch und kein anderer sah das so gut wie ich. Mal nahm sie seine Finger in die ihren, mal drehte sie einfach nur ihre Hand in seiner. Sie hatte schlanke und grazile Hände. Ein schmaler Ring zierte den einen der Finger. Nein, kein Ehering. Ich glaube, es war einer mit einem Edelstein. Und in dieser ihrer Hand lag so viel Demut und Weiblichkeit und Hingabe, ihm gegenüber, dass ich immer innerlich erschauderte, wenn ich dorthin sah. Mir war das zuerst auch gar nicht so bewusst, erst im Nachhinein kamen mir diese Gedanken. Die Gedanken an die zarte Liebe zwischen diesen beiden. Und ob sie das eigentlich selbst bemerkte, was sie da tat, das weiß ich auch nicht. Aber … es rührte mein Herz. Sie ist meine Schwester.  




Dich berühren

Immerzu muss ich dich berühren … immerzu. Da ist so eine Spannung zwischen uns. Wie wir da sitzen auf der Bank am Rande von allem. Wie du so nachdenklich und so ganz bei dir selbst scheinst. Ich könnte in dich hineinkriechen. Und fahre dir mit meinen Händen über die Wange. Nein, es ist nichts Großes … nein … nur ganz kurz über die Wange. Und ich spüre deinen Händedruck in meiner linken Hand. Irgendwo schweben Fetzen einer Musik, die uns lauschen lassen. Du legst den Kopf ein wenig schief und ich sehe dich im Profil und diese Sinnlichkeit, die sich da zeigt, überwältigt mich. MANN, wie ich dich begehre. Du drehst dich ein wenig um zu mir und deine Augen sprühen mich an und nein, es ist wieder nichts Besonderes. Nein, wieder nicht. Doch dieses Sprühen … ich bin vollkommen berauscht und die Welt dreht sich nur noch um uns. Nein, wir sind nicht mehr jung und alles fühlt sich ein wenig behäbiger an. Du nanntest mich „Altes Haus!“ und meintest es freundlich. Nun, was auch immer dieses “Alte Haus” auch zu bedeuten hatte, es war eben so deine Art. Die Katze lässt sich nieder und spielt mit ihrem Schwanz da so zwischen uns und deine Hände sind ein wenig rissig von der Arbeit. Scheinen sich ausruhen zu wollen. Sieh mich an, mein Freund, ich begehre dich. Sieh mich an, ich möchte allein sein mit dir. Weitab von dieser Bank da am Rande von allem. Mich an dich schmiegen wie eine Katze und einfach nur daliegen und deine Haut riechen, die wie Zimt duftet. Ja, mein Freund, du bist müde. Ja, ich weiß. Doch lass mich noch ne kleine Weile hier sitzen … mit dir ... zu lange schon entbehrte ich dich. Ich fahre dir mit meinen Händen über die Stirn und hauche dir einen Kuss auf deine Wange. Du, der du so littest … lass fahren deine Sorgen dahin … lass dich nieder bei mir und vergrabe deinen Kummer. Und so drehe ich mich noch einmal um zu dir, um mich so innig mit dir zu fühlen. So nicht mehr allein. So viele Jahre, die wir warteten und nur du weißt, wie alles war. Vom Anfang bis zum Ende. Also lass mich nun zu dir und meine weichen Lippen zart an deine drücken. Ich suhle mich in dir und allem, was dich ausmacht … … möchte erkunden … diesen warmen Innenraum … und lasse fahren meine Hände über deinen Körper … der auch nicht mehr der jüngste ist. Wir wissen, ja, mein Freund … wir wissen. Schrammen auf beiden Seiten. Kratzer. Narben. Spuren. Bitte, geh noch nicht. Nur noch eine kleine Weile. Ja, ich weiß … ich weiß doch. Du brauchst mir nichts zu sagen. Gut … dann gehe ich jetzt. GEHE. Gehe. G e h e und g…..e…..h…..e



Bauer sucht Frau

„Nö, ham wir nich. Musst du woanders suchen. Moin, Hannes. Was sosst du ham?“
„N’Fund Kaffee! Is aus bei uns!“
„Bitte! Und Sie, junge Frau, was solln Sie ham?“
„Äh, tschuldigung, ich suche den Einsiedlerhof in Koogsbüllkrog. Ich komme aus Stadtvierteleck, ich kenne mich hier nicht aus. Können Sie mir helfen?“
„Was woll’n Sie denn in Koogsbüllhof? Da is doch nix los für sone Frau wie Sie. Da wohnt doch blos Sönke!“
„Ja, genau, den suche ich, kennen Sie den? Ist ja super. Ist irgendwie cool hier! Abgefahrn!“
„Hä, was mein Sie, ich versteh Sie nich. Also, was woll'n Sie denn von Sönke?“
„Ich habe doch mitgemacht bei Bauer sucht Frau und suche den Hof, weil ich mich da vorstellen soll!“
„Also, mit Ihrn Klamotten könn Sie aber nich inn Stall! Da lauf’n ja die Kühe wech!“
„Gefalle ich Ihnen etwa nicht. Bei uns in der Stadt ist das ganz normal. Da kann man anziehn, was man will!“
„Nee, hier muss das praktisch sein.“
Ich gehe völlig abgeturnt raus aus dem Laden und fahre wieder Richtung Stadtvierteleck, das hatte ich mir dann doch etwas anders vorgestellt.

Da tauchte plötzlich wieder so ein verschwommenes Bild in ihr auf. Es war damals gewesen, schon lange her, sie wohnte mal wieder in sehr schrammeligen Verhältnissen. Erbärmlich, karg, provisorisch und improvisiert. Gut ging es ihr nicht, beileibe nicht. Sie lebte ihr kleines und armseliges Leben voller Kleinmut. Befand sich ständig zwischen Wahnsinn und Getriebenheit und wieder Rückzug und war in Wirklichkeit einfach nur innerlich zerrissen. Das Hamsterrad der ständig in ihrem Kopf gleichförmig hin- und herrasenden Gedanken, die doch immer nur um die gleichen Dinge kreisten, spielte sein eigens Spiel und sie wurde nicht Herr darüber. Von Gleichmut keine Spur, Gelassenheit sowieso nicht. Er, nennen wir ihn Hauke, irgendwo entfernt. Hatte seinen eigenen Wahnsinn. Das wusste sie. Andere Männer, andere Frauen, immer das gleiche Theater, das, wenn man dann genügend Distanz und Humor bewahrte, vielleicht eher einer tragischen Komödie glich als einem Schwank aus dem Ohnsorg-Theater. Nun, eines Tages, sie vertrieb sich wahrscheinlich die Zeit mal wieder mit nutzlosem Zeugs, das vielleicht liebevoll Weibergewäsch genannt werden konnte, aber in Wirklichkeit nur als ein Ausharren bezeichnet werden musste, klingelte es an der Tür. Sie war nicht allein, daran erinnerte sie sich noch und auch nicht besonders gut auf Hauke zu sprechen zu der Zeit. Dieser ganze Wahnsinn, sie hatte ihn so satt. Einfach nur satt und wollte ihre Ruhe. Sie machte also die Tür auf und da stand er da so vor ihr. Man sah ihm die Überwindung, die es ihn gekostet hatte, schon von weitem an. Was sollte sie sagen? Ihn hereinbitten? Unentschlossen, sich nur halb überwinden könnend, bat sie ihn halbherzig in ihre Hütte. Er, gehetzt wirkend, die kalte Herbstluft von der Fahrt zu ihr noch abstrahlend, wirkte genauso unsicher und trat dann aber dennoch ein in die gute Stube. So ging das Gespräch im Smalltalk-Stil so hin und her, als … irgendwann … sie wusste nicht mehr so genau, wann, er sich innerlich aufrichtete und ihr in die Augen sah und meinte: „Ich will dich!“


Wonne

Süßer Sex am Nachmittag
Sonnenschein leuchtet neben ihr
Die Katze räkelt sich voller Wonne
Die Musik umturtelt alle beide
Dabei in seine blauen Augen seh’n
Die Ozeanen gleich
Zeigen so allerlei,
Was nicht von dieser Erde


Vereinigung

Erfüllung aller Wünsche
Tanzen mit den Göttern
Das Ganze mit ihm zu vereinen
Tanz für zwei Liebende
Musik umhüllendes Paar
Dazu Engelscharen
Und Lichter in ihr Haar
Erst, wenn sie ganz eng vereint
Wird Wärme kommen
Und sie trösten an allen Tagen



Lieben

Zitternde Wellen
Überrollen mich
Pechschwarze Wolken verziehen sich
Und ich öffne mich dir
Was landet ist schön
Was brandet ist neu
Was rollt, ist innen
Kerzengerade stehen wir
Inmitten des Treibens da draußen
Oder bewegen uns rhythmisch
Das Fließen ermutigt uns
Es rollt so gemütlich hier
Es ist so ein Zuhause in mir
Wandelnde Formen, die da entstehen
Und zauberhafte Feen, die uns einhüllen.